Der Brite Elvis Costello legt seine Autobiografie mit dem Titel „Unfaithful Music – Mein Leben“ vor. Eine Doppel-CD liefert den Soundtrack dazu.

Stuttgart - „My Aim is true“: den Titel („Mein Ziel ist richtig“) eines seiner ersten Alben hat er wohl ernst genommen. Durch alle Genres hindurch scheint Elvis Costello sein Ziel zu verfolgen, sich selbst auszudrücken. Pop und Punk, Klassik in kleiner und großer Besetzung, Country, Jazz und allerlei schräges Zeug zwischen den Stilen: er hat sein Ziel durchdekliniert, er hat dabei jeweils sein Bestes gegeben. und er wird als 61-Jähriger hoffentlich so schnell auch nicht damit aufhören, wenn er gesund bleibt.

 

Dass er dabei allerlei links und rechts dieses Weges durchgemacht und erlebt hat, das erzählt er in seiner Autobiografie „Unfaithful Music – Mein Leben“, die jetzt im Berlin Verlag erschienen ist und zu der als „Soundtrack“ eine Doppel-CD gleichen Titels herausgekommen ist. Es sind einige Titel darauf, die in solchen Fassungen bisher nicht bekannt waren. Aber auch zwei bisher nicht erschienene Stücke („April 5th“, mit Rosanne Cash, Kris Kristofferson und John Lebenthal sowie „I can’t turn it off“, ein früher Titel von 1975) und drei als Audio-Track gesprochene Begebenheiten schmücken das Werk, das der Praxis bei solchen Gelegenheiten entspricht und davon Zeugnis ablegt, dass dieser Elvis Costello während seiner kreativen Karriere im tatsächlichen Leben nicht nur ein Engel des Gutmenschentums war.

Da erzählt er auf einem dieser Audioschnipsel, wie er einmal mit Paul McCartney . . . Ja ja, mit dem Ex-Beatle zusammen hat er einiges gemacht, die beiden haben sich produziert und waren auch sonst in einem regen Austausch, auch wenn Costello mehr als eine Generation jünger als McCartney ist.

Declan McManus, das ist sein bürgerlicher Name

Das Buch gibt natürlich die Kindheit von Declan McManus wieder, so sein bürgerlicher Name. Wie sein Vater als Orchestermusiker schon den Namen Costello für sich verwandt hatte und wie er eine Band gründete, mit der er in den Pubs auftrat. Seine Kindheit und Jugend war wie Tausend andere auch. Da gibt es nichts zu mystifizieren, auch wenn die im Buch abgebildeten Fotos in ihrer bescheidenen Schwarzweißästhetik aus einer anderen Welt zu kommen scheinen.

Es geht dann auch um die Glaubwürdigkeit von John Lennons Titel „Working Class Hero“ (die Declan McManus übrigens wie manch anderer anzweifelte), die Brille, die ihn zu einer Art putzigem Ersatz-Buddy-Holly machte, darum, wie er unter der Pokalniederlage seiner favorisierten Fußballmannschaft Arsenal gegen Liverpool litt und viele andere Schnurren: dass er sich später öfter mal daneben benahm – auch mit politisch unkorrekten Aussprüchen. Wie er sodann mit der von ihm gegründeten Band The Attractions den ersten Hit hatte, der natürlich auch auf der CD („Oliver’s Army“) zu hören ist und sich wie andere Titel jener Frühphase mit seiner unbekümmerten Vorwärtsgerichtetheit besonders der damaligen Musikpresse einprägte. Wie die Songs anderer auf ihn wirkten und aus welcher Perspektive er seine eigenen Songs schrieb (illustriert ist das unter anderem mit einem Faksimile-Blick ins Costello’sche Notizbuch).

All diese von ihm sehr gewandt geschilderten Begleitumstände eines nun beginnenden Popstarlebens (mit Namen wie The Clash, Pete Townsend, Robert Plant) in ihrer prallen Farbigkeit inmitten der grauen Arbeitslosigkeit dieser siebziger Jahre streifen seine Motivation und lassen die Umrisse seiner Person bis hin zur Heirat mit der Jazzpianistin Diana Krall etwas deutlicher werden.

Ein Begleiter, der auch mal über die Stränge schlägt

Im Hintergrund dazu mag der „Soundtrack“ laufen und mit seiner gerumpelten Vielschichtigkeit doch noch ein bisschen überraschen. Bei den Hörern kam damals aber schon sein unbedingter Wille an, sich auszudrücken. Alten Idealen folgend war so mancher bereit, ihm dabei auf vielen stilistischen Wegen zu folgen, auch wenn sie einen öfters überrascht zurück ließen. Hier war einer, der die Rockmusik offenbar noch als Abenteuer begriff, das einem nicht nur erlaubte, sondern einen geradezu aufforderte, über Grenzen zu gehen. Einer, der nicht nur den Marketingüberlegungen der Medienindustrie ausgeliefert schien, sondern diesen einen eigenen Willen entgegen setzte und damit so manche Risiken einging. Das alles kam sehr wohl bei denen an, die den Weg aus der Distanz des CD-Hörers mit ihm gingen, die diesen Costello zu einem wertvollen Begleiter machten, der offenbar gelegentlich über die Stränge schlagen musste, der vielen Erwartungen lustvoll zu widersprechen schien, der aber mit seiner Wandlungsfähigkeit und Widerborstigkeit nachhaltige Spuren hinterlassen hat. Und sie hoffentlich weiterhin hinterlässt.

Elvis Costello: Unfaithful Music & Soundtrack Album. 2 CDs. Universal Music.

Elvis Costello: Unfaithful Music – Mein Leben. Berlin Verlag. 785 Seiten, 29,99 Euro.