Der Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) will das Land Baden-Württemberg zur führenden Energie- und Klimaschutzregion machen. Die Versorgungssicherheit habe dabei oberste Priorität, sagte Kretschmann in seiner Regierungserklärung.

Stuttgart – Die Energiewende ist für den Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne) eine „historische Aufgabe“, vergleichbar mit der industriellen Revolution. „Die Versorgungssicherheit hat dabei höchste Priorität“, stellte Kretschmann in seiner ersten Regierungserklärung zu diesem Thema klar. Das sei für das Industrieland Baden-Württemberg „lebensnotwendig“. Deshalb werde das Land die Bundesregierung und die Bundesnetzagentur beim Netzausbau unterstützen, den Bau von Stromspeichern vorantreiben und die Energieinfrastruktur intelligent weiterentwickeln.

 

Der Bund allerdings habe „ein Jahr verschlafen“, kritisierte Kretschmann, „während wir unsere Hausaufgaben gemacht haben“. Der Regierungschef verwies auf zentrale Weichenstellungen von Grün-Rot, wie die Novelle des Landesplanungsgesetzes und den Windenergieerlass, mit dem der Ausbau der Windkraft forciert werden soll – auf zehn Prozent an der Stromerzeugung bis 2020 von derzeit knapp einem Prozent. Die Novelle des Erneuerbaren Wärmegesetzes ist ebenso in Arbeit wie ein Klimaschutzgesetz mit verbindlichen Zielen zur Verminderung der Treibhausgasemissionen. Kretschmann will Baden-Württemberg zur führenden Energie- und Klimaschutzregion entwickeln.

Erneuerbare Energien ausbauen, Energie sparen

Die drei Leitplanken der neuen Energiepolitik seien der massive Ausbau der erneuerbaren Energien, eine deutliche Energieeinsparung verbunden mit einer Steigerung der Effizienz. Die Chancen liegen für den Ministerpräsidenten auf der Hand: die Reduzierung der klimaschädlichen Treibhausgase, weniger Abhängigkeit von Rohstoffimporten und den in Zukunft massiv steigenden Preisen. Die sichere Versorgung mit „billigem Öl, billigem Erdgas und billiger Kohle“ gehörten der Vergangenheit an. Im Gegenzug gelte der „alte Satz“, dass Sonne und Wind keine Rechnung schicken. Kretschmann hält insofern die Kosten der Energiewende für „beherrschbar“.

Diese sei eine „ungeheure Chance“. Mehr als 20 000 Vollzeitarbeitsplätze seien nach konservativen Schätzungen mit erneuerbaren Energien im Land verbunden. Insgesamt seien 2010 rund 3,4 Milliarden Euro in Anlagen investiert und etwa 1,5 Milliarden Euro für ihren Betrieb aufgewendet worden. „Die Entscheidungen über die Energieerzeugung würden in Zukunft wesentlich stärker als bisher ,von unten‘ getroffen“, betonte Kretschmann. Bürger, Energiegenossenschaften und Kommunen seien gefragt.

Opposition übt scharfe Kritik

Scharfe Kritik kam von der Opposition. Vor allem der FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke war auf Krawall gebürstet. Er warf Kretschmann vor, als „Don Kretschote“ mit seinem „Sancho Franzo“ (Anm: Umweltminister Franz Untersteller) einseitig auf die Windkraft zu setzen, „pseudoreligiös über Kapazitätsmärkte zu fabulieren“ und den Bund in seiner Energiepolitik aktiv zu behindern. Rülke beklagte eine angebliche Planwirtschaft, einen fehlenden Markt – und den Wettbewerb im Energiebereich. Die Einspeisevergütung sei „knallharter Lobbyismus für eine längst antiquierte Solarwirtschaft“. Die ostdeutschen Solarfirmen seien „die modernen Ruhrgebietshütten“.

CDU-Fraktionschef Peter Hauk warf der Regierung Untätigkeit vor. Statt die Verantwortung nach Berlin abzuschieben und leere Ankündigungen zu machen, sollte gehandelt werden. Es fehlten Stromspeicher, Ideen und Konzepte für intelligente Netze und Stromzähler. Hauk forderte ein Ende des Einspeisevorrangs für erneuerbare Energien und lehnte ein Kapazitätsmarktmodell für sogenannte Back-up-Kraftwerke als planwirtschaftliches Subventionsmodell ab. Dies, so konterte der Umweltminister Untersteller empört, bedeute in der Konsequenz „das Ende der Energiewende“. Die Regierung habe die Weichen richtig gestellt, verteidigte die Fraktionschefin der Grünen, Edith Sitzmann, das Vorgehen. Der SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel erinnerte die Opposition an den gemeinsamen Beschluss zur Energiewende und forderte, „keine künstlichen Konflikte zu erzeugen“.