Das Land verpflichtet künftig Gewerbe, Handel und Industrie zum Einbau von Ökoheizungen. Das Gesetz soll noch in diesem Jahr verabschiedet werden. Umweltminister Untersteller sieht das Land in einer „Vorreiterrolle“.

Stuttgart - Die Landesregierung erweitert die Ökopflicht bei der Sanierung von bestehenden Gebäuden. Zum einen soll der Anteil erneuerbarer Energien bei der Warmwasseraufbereitung und Heizung von Wohnhäusern von derzeit zehn auf fünfzehn Prozent erhöht werden. Zum anderen unterliegen künftig auch Büros, Gaststätten, Hotels, Heime, Krankenhäuser, Gebäude von Einzelhandel und Gewerbe sowie Fabrikhallen der Industrie den Ökoauflagen des überarbeiteten Erneuerbaren-Wärme-Gesetzes.

 

Das sieht die Novelle des Landesgesetzes vor, die der Ministerrat noch vor der Sommerpause zur Anhörung frei gegeben hat. Das Gesetz, das die schwarz-gelbe Vorgängerregierung vor fünf Jahren mit Zustimmung der Grünen erlassen hatte, soll noch in diesem Jahr vom Landtag verabschiedet werden und Anfang kommenden Jahres in Kraft treten.

„Wir passen das Gesetz an die wachsenden Herausforderungen des Klimawandels und der Energiewende an“, begründet der Umweltminister Franz Untersteller die Änderungen. Baden-Württemberg festige damit seine bundesweite Vorreiterrolle bei der Sanierung im Gebäudebestand.

Für alle vor 2009 errichteten Gebäude

Das Landesgesetz greife in dem Moment, in dem die alte Heizung eines vor 2009 errichteten Gebäudes erneuert werden muss. Für alle danach errichteten Gebäude gelte das Wärmegesetz des Bundes.

Der Minister wies darauf hin, dass die Novelle mehr Möglichkeiten zur Erfüllung der Ökopflicht biete. Damit solle verhindert werden, dass einzelne Gebäudebesitzer durch die Auflagen in wirtschaftliche Bedrängnis geraten. Das Gesetz sei technologieneutral, die Solarthermie sei nicht mehr „Ankertechnologie“. Die Gebäudebesitzer hätten somit einen „großen Entscheidungsspielraum“.

So könnte neben dem Bezug von Biogas oder Bioöl beispielsweise auch die Dämmung der Kellerdecken bei bestimmten Gebäudetypen angerechnet werden. Bereits erfolgte Maßnahmen würden ebenfalls angerechnet. Zudem gebe es eine neue Möglichkeit, die zudem die kostengünstigste sei, sagt Untersteller: ein sogenannter Sanierungsfahrplan wird zur Erfüllung der Ökopflicht mit fünf Prozent angerechnet. Diesem Sanierungsfahrplan misst der Minister Informations-, Motivations- und Beratungsfunktion bei. Denn hiermit werde dem Gebäudebesitzer eine umfassende energetische Betrachtung seines Gebäudes aufgezeigt, wie und mit welchen Mitteln und Kosten umfassend saniert werden kann. Weiterhin gebe es die Möglichkeit sich von der Ökopflicht befreien zu lassen, etwa aus denkmalschutzrechtlichen Gründen oder auch wegen „unzumutbarer Belastungen“.

CDU befürchtet Nachteile für die Wirtschaft

Die CDU-Fraktion habe noch nicht abschließend über das Gesetz beraten, sagt deren energiepolitischer Sprecher, Paul Nemeth. Es seien noch viele Fragen offen. Nemeth sieht insbesondere die Einbeziehung von Nichtwohngebäuden kritisch. Dies benachteilige die Wirtschaft in Baden-Württemberg gegenüber der Konkurrenz in anderen Bundesländern. Nichtwohngebäude hätten je nach Nutzungsart unterschiedliche Anforderungen an die Wärmeversorgung und bedürften daher differenzierter Lösungen. „Eine Bäckerei und eine Metzgerei sind nicht mit Bürogebäuden und Fabrikhallen vergleichbar“, stellt der CDU-Energieexperte fest. Er hält eine Förderung und mehr Beratung bei der energetischen Optimierung von Nichtwohngebäuden für sinnvoller.

„Licht und Schatten“ in der Gesetzesnovelle hat der Fachverband Gebäude-Klima ausgemacht, der 300 Mitglieder mit insgesamt gut 49 000 Mitarbeitern vertritt. Positiv sei, dass die Wärmerückgewinnung in Nichtwohngebäuden als Ökopflichterfüllung angerechnet wird, sagt Günther Mertz, der Geschäftsführer des Fachverbands. Die Wärmerückgewinnung, etwa über Klima- und Lüftungsanlagen, sei die „entscheidende Effizienztechnologie im Gebäudesektor“. Umso unverständlicher ist es für Mertz, dass die Wärmerückgewinnung in Wohngebäuden nicht angerechnet werde. Diese würde verhindern, dass „zum Fenster hinaus geheizt werde“.