In einem Abmahnungsschreiben erneuert das Bundeskartellamt seine wettbewerblichen Bedenken gegen den Zusammenschluss der großen Häuser im Landkreis. Im Mai soll die Entscheidung fallen.

Entscheider/Institutionen : Kai Holoch (hol)

Esslingen - Auf das Schreiben haben die Verantwortlichen länger gewartet als gedacht. Im März hatten die Stadt Esslingen und der Landkreis mit einer vorläufigen Einschätzung des Bundeskartellamts zu den Plänen gerechnet, die Kreiskliniken und das Klinikum Esslingen zu fusionieren. Der Inhalt des Abmahnungsschreibens, das nun eingetroffen ist, hat indes für wenig Überraschung – aber dennoch für eine gewisse Enttäuschung – gesorgt.

 

Denn wie schon im November, als das Kartellamt zunächst sein Veto eingelegt und die bis dahin kartellrechtlich als unbedenklich eingeschätzte Fusion in Frage gestellt hatte, bleibt die Bonner Behörde auch jetzt bei ihrer Einschätzung: „Nach unserer vorläufigen Auffassung würde das Vorhaben zur Entstehung einer marktbeherrschenden Stellung auf den Krankenhausmärkten Esslingen und Kirchheim/Nürtingen führen und den wirksamen Wettbewerb in der Region Esslingen erheblich behindern“, heißt es in einer Mitteilung.

Das Angebot wird zurückgefahren

Für den Präsidenten des Kartellamts, Andreas Mundt, steht nicht nur fest, dass „der bestehende Wettbewerbsdruck in der Region beseitigt wird. Es ist auch geplant, die Zahl der derzeit für die Behandlung der Patienten im Landkreis zur Verfügung stehenden Abteilungsstandorte zu verringern und das Angebot insgesamt zurückzufahren.“ Den Patienten würden damit wichtige Ausweichmöglichkeiten genommen. Mundt: „Gerade aber, weil der Krankenhausbereich einer spezifischen staatlichen Regulierung unterliegt und es nur wenig Preiswettbewerb gibt, ist es wichtig, dass die Patienten Auswahlalternativen haben.“ Nur so sei der Qualitätswettbewerb der Kliniken zu erhalten.

Die Abmahnung ist keine endgültige Entscheidung. Bis zum 25. April haben Stadt und Kreis die Gelegenheit, Stellung zu beziehen. Optimistisch klingt es aber nicht, was die Verhandlungsführer der Fusionsgespräche, die Kreiskämmerin Monika Dostal und der Esslinger Finanzbürgermeister Bertram Schiebel, gemeinsam erklären: „Es ist bedauerlich, dass das Bundeskartellamt die medizinisch und wirtschaftlich sinnvolle Zusammenführung der Kliniken voraussichtlich untersagen will.“

Vorwurf entspricht nicht der Realität

Der Chef des Klinikums Esslingen, Bernd Sieber, und Thomas Kräh, der Leiter der Kreiskliniken, kritisieren den Ansatz des Kartellamts: „Die Einschätzung der Behörde lässt die tatsächlichen Gegebenheiten des bestehenden engen Wettbewerbes außen vor und entspricht nicht der Realität der Krankenhauslandschaft in der Region Stuttgart.“ Das Kartellamt führt in der Erklärung die Gründe der Ablehnung weiter aus: Das Klinikum Esslingen sei mit 625 Planbetten in sieben Fachabteilungen und Spezialzentren das größte Krankenhaus im Kreis. Der Landkreis betreibe in Kirchheim, Nürtingen und Ostfildern drei Krankenhäuser zur Behandlung somatischer Erkrankungen. Insgesamt hätten diese Krankenhäuser 1174 Betten, sieben Planabteilungen, zwei medizinische Versorgungszentren und weitere Spezialzentren.

Die Zusammenlegung hätte, so das Bundeskartellamt, wettbewerbsbeschränkende Auswirkungen auf den Markt für Akutkrankenhäuser in Esslingen und Nürtingen/Kirchheim. Denn hier gebe es keine weiteren Krankenhäuser. Durch den Zusammenschluss der beiden führenden und engsten Wettbewerber entfalle der Druck, sich an der Leistungs- und Qualitätsverbesserung des jeweils anderen Beteiligten auszurichten und darauf zu reagieren.

Stuttgart ist keine richtige Ausweichalternative

Für die Patienten stellten weiter entfernt liegende Kliniken, zum Beispiel in Stuttgart, nur eine sehr begrenzte Ausweichalternative dar. Auch hätten die Beteiligten bisher „nicht hinreichend dargelegt, dass allein durch eine Zusammenlegung der Krankenhäuser signifikante Verbesserungen in der Qualität der Versorgung zu erreichen sind“.

Sollte im Mai die endgültige Ablehnung der Klinikfusion aus Bonn kommen, haben der Landkreis und die Stadt vier Wochen lang Zeit zu überlegen, ob sie beim Oberlandesgericht Düsseldorf Einspruch gegen die Entscheidung einlegen wollen. In letzter Instanz müsste der Bundesgerichtshof entscheiden. Bis der Fall dort verhandelt wird, könnten, so schätzt man in Esslingen, zwei Jahre vergehen.