Der Staatssekretär im baden-württembergischen Wirtschafts- und Finanzministerium. Ingo Rust, will neuer Finanzbürgermeister in Esslingen werden.

Entscheider/Institutionen : Kai Holoch (hol)

Esslingen - Ingo Rust hat einen guten Ruf als Fachmann in seinem Gebiet, er ist sehr engagiert auch über die Politik hinaus und angesehen über die Parteigrenzen. Als studierter Esslinger und Mit-Wegbereiter des Umzugs der Hochschule kennt er sich in der Stadt aus. „Das ist ein guter Vorschlag!“ Das Lob kommt vom politischen Gegner: Jörn Lingnau, der Fraktionschef der CDU im Esslinger Gemeinderat, hat am Donnerstag ausdrücklich begrüßt, dass die SPD den bisherigen Staatssekretär im baden-württembergischen Finanz- und Wirtschaftsministerium als neuen Esslinger Finanzbürgermeister vorgeschlagen hat. Wie gemeldet, geht der bisherige Amtsinhaber Bertram Schiebel nach zwei Amtsperioden zum Jahresende in den Ruhestand.

 

Zwar läuft die Bewerbungsfrist noch bis Ende November und die Wahl kann frühestens in der letzten Gemeinderatssitzung des Jahres, am 15. Dezember, stattfinden. Doch schon jetzt kann der 36-jährige Politiker damit beginnen, zusammen mit seiner Frau und seinen beiden Kindern eine Wohnung in Esslingen zu suchen. Denn beim Amt des Finanzbürgermeisters hat die SPD in Esslingen das Vorschlagsrecht – und präsentiert mit Ingo Rust einen bekannten Landespolitiker, zu dem auch die Freien Wähler und die Grünen grundsätzlich ihre Zustimmung signalisieren. Rust hat am Donnerstag angekündigt, dass er sich in den kommenden Wochen bei allen Fraktionen des Esslinger Gemeinderats vorstellen wird.

Rust hat elf Jahre in Esslingen gelebt

Eingefädelt hat die Bewerbung der SPD-Landtagsabgeordnete Wolfgang Drexler. „Bei jeder anderen Stadt hätte ich eine solche Anfrage zum jetzigen Zeitpunkt schnell verworfen“, sagt Rust. Aber Esslingen, so Rust, „atmet Geschichte, gleichzeitig aber pulsiert Zukunft“. Der Politiker weiß, wovon er spricht: Elf Jahre – zunächst während seines Studiums und anschließend weitere sieben Jahre als Mitarbeiter an der Hochschule – hat Rust in Esslingen gelebt.

Den überraschenden Rückzug aus der Landespolitik – der Staatssekretär will im Fall seiner Wahl auch sein Landtagsmandat niederlegen – begründet er mit seiner großen Begeisterung für die Kommunalpolitik: „Ich glaube, es gibt nichts Wichtigeres, als direkt und unmittelbar für die Menschen vor Ort zu arbeiten.“ Esslingen reize ihn auch deshalb, weil die Stadt immer innovativ in Sachen Haushaltspolitik gewesen sei: „Die Stadt hat als erste Kommune in Baden-Württemberg eine konsolidierte Gesamtvermögens- und Gesamtergebnisrechnung vorgelegt.“ Aber auch die Tatsache, dass er nun ein Drittel seines Lebens im Landtag gesessen habe, habe ihn zum Nachdenken über seine Zukunft gebracht.

Gutes Verhältnis zum Oberbürgermeister

Rusts Verhältnis zum Esslinger Rathauschef Jürgen Zieger soll hervorragend sein. Gemeinsam haben die beiden den geplanten Umzug der Hochschule von der Flandernstraße in die Neue Weststadt vorbereitet. Gut möglich, dass Rust bald aus nächster Nähe verfolgen kann, was er aufseiten der Landesregierung initiiert hat.

Kommentar – Perspektiven

Esslingen - Zunächst einmal ist es ein Coup von Wolfgang Drexler. Dem alten Politikfuchs ist es wieder einmal gelungen, seine Heimatstadt in die Schlagzeilen zu bringen. Die Nachricht, dass Ingo Rust der großen Landespolitik den Rücken kehren will, um sich im vergleichsweise kleinen Esslingen mit der Finanznot der Stadt herumzuärgern, sorgt für Gesprächsstoff.

Aus Esslinger Sicht muss diese Entwicklung ausdrücklich begrüßt werden. Auch wenn Ingo Rust kein gelernter Finanzfachmann ist, so bringt er aus seiner politischen Vergangenheit viel Erfahrung auf diesem Gebiet mit. Kaum jemand in der Stadt zweifelt daran, dass er an die erfolgreiche Arbeit des scheidenden Finanzdezernenten Bertram Schiebel wird anknüpfen können.

Bei der Frage, warum sich Ingo Rust gerade jetzt für Esslingen entscheidet, kommt man aber ganz schnell auf noch ganz andere Gedanken. In spätestens acht Jahren wird die Stadt einen Nachfolger für den Oberbürgermeister Jürgen Zieger suchen. Ingo Rust wäre dann 44 Jahre jung. Wenn es ihm gelingt, die Stadt bis dahin finanziell sauber zu steuern, könnte er sich für größere Aufgaben empfehlen.