Im Landesdenkmalamt mit Sitz in Esslingen wird ein in Kirchheim entdecktes keltisches Frauengrab akribisch erforscht. Die dabei freigelegten Grabbeigaben aus Gold sollen bald in Kirchheim zu sehen sein.

Esslingen - Margarete Eska braucht eine gut trainierte Nacken- und Rückenmuskulatur. Denn die Restauratorin, die in der Werkstatt des Landesamts für Denkmalpflege in Esslingen beschäftigt ist, arbeitet den ganzen Tag auf dem Bauch liegend über einem keltischen Frauengrab. Der 500 Kilogramm schwere Erdblock mit dem archäologischen Fund stammt aus der Nähe von Kirchheim, wurde als Ganzes geborgen und befindet sich jetzt im Keller des Denkmalamts. Dort, wo künftig das Gewerbegebiet Hegelesberg entsteht, haben Mitarbeiter der Denkmalbehörde des Regierungspräsidiums Stuttgart im vergangenen August den Fund aus der Zeit um 500 vor Christus entdeckt (wir berichteten). Am Donnerstag sind die bisherigen Forschungsergebnisse vorgestellt worden.

 

Zwar seien diese in ihrer Bedeutung nicht vergleichbar mit jenen der Funde des frühkeltischen Gräberfelds Bettelbühl am Fuß der Heuneburg an der Oberen Donau, sagt Claus Wolf, der Präsident des Landesamts. Aber dennoch „haben sie uns in Aufregung versetzt“, betont der Regierungspräsident Johannes Schmalzl. Denn es handelt sich um wertvolle und gut erhaltenen Goldschmuck, darunter Ohr- und Schläfenringe sowie Haargeschmeide. Das erste, was entdeckt worden sei, seien zwei Bronzefußringe gewesen. Von diesen ausgehend, sei die Lage der dort beigesetzten Frau rekonstruiert worden, erklärt der Referats- und Projektleiter Jörg Bofinger. An den Handgelenken trug die Tote Ketten aus kleinen schwarzen Perlen, die einst aus fossilem Holz, sogenanntem Gagat, hergestellt wurden. Im Kopfbereich sind vier zerdrückte Goldkugeln gefunden worden – die Archäologen vermuten, dass sie von einem Haar- oder Haubenschmuck stammen. Außerdem sind, noch in der Erde verborgen, kleine Bronzebleche zu sehen, die zu einer Gürtelschnalle gehören könnten.

Vom Skelett ist nichts mehr übrig

Vom Skelett sei in dem extrem kalkarmen Lößboden nichts mehr übrig, aber dennoch könnten sich möglicherweise noch organische Spuren nachweisen lassen. Das sollen weitere Untersuchungen ergeben, für die unter anderem auch ein Computertomograf eingesetzt wird.

Schon jetzt sei aufgrund der reichen Grabbeigaben davon auszugehen, dass die dort bestattete etwa 1,50 bis 1,60 Meter große Keltin der Oberschicht angehört hat. Wolf tippt auf eine „wohlhabende Großbäuerin“, die ihre letzte Ruhestätte auf dem Areal gefunden hat. Immer mehr wertvolle Schmuckstücke seien im Lauf der Arbeiten zum Vorschein gekommen, berichtet die Archäologie-Werkstattleiterin und Diplom-Restauratorin Nicole Ebinger-Rist. Mit feinstem Werkzeug, unter anderem mit spitzen Stachelschweinborsten, sei in den vergangenen Wochen von den Mitarbeitern Schicht für Schicht in Millimeterarbeit abgetragen worden. Die Arbeit sei noch nicht abgeschlossen, sie gehe davon aus, dass noch weitere Funde zu Tage treten, sagt Nicole Ebinger-Rist.

Kirchheim muss 340 000 Euro bezahlen

Die Reste einer jungsteinzeitlichen Siedlung des 6. Jahrtausends vor Christus sowie das aus der frühen Eisenzeit stammende Keltengrab sind kein Zufallsfund. Aufgrund der Datenbank des Denkmalamts und der Bodenverhältnisse sei damit zu rechnen gewesen, dass in Kirchheim „etwas zu finden sein könnte“, erklärt Claus Wolf. Dies hätten dann gezielte Erkundungsgrabungen, sogenannte Prospektionsschnitte, bestätigt. Bei denen sei man schon „haarscharf an dem Keltengrab vorbeigeschrammt“, berichtet Jörg Bofinger.

Bei der genaueren Erforschung des rund 2,5 Hektar großen Areals, sei das Grab schließlich entdeckt worden. Und die Stadt musste mit der Erschließung des Gewerbegebiets Hegelesberg warten, bis die im Juni 2014 aufgenommenen Ausgrabungsarbeiten im vergangenen September beendet waren. Zudem musste die Stadt mit 340 000 Euro einen maßgeblichen Anteil der Ausgrabungskosten tragen, denn hier gilt laut Schmalzl das „Verursacherprinzip“. Aber im Gegenzug gibt es für die Stadt eine ideelle Entschädigung. Denn die wertvollen Grabbeigaben sollen laut Claus Wolf im Rahmen einer Sonderausstellung „möglichst bald in Kirchheim zu sehen“ sein.