Die Feuerwehr fährt regelmäßig mit ihren Wagen durch die Innenstadt, um zu erproben, wie sie mit schwerem Gerät durchkommt. Das Ordnungsamt fährt mit und verwarnt Falschparker, die im Ernstfall einen Einsatz gefährden würden.

Böblingen : Ulrich Stolte (uls)

Esslingen - H ektik bringt nichts. Das hat Rainer Alber von der Feuerwehrabteilung Stadtmitte gelernt. So langsam, wie sich das große Fahrzeug mit der Drehleiter bei der Probefahrt durch die Esslinger Altstadt schiebt, so langsam würde er auch in einen Einsatz fahren. Die Esslinger Altstadt, kostbares Juwel aus dem Mittelalter, Anziehungspunkt für Touristen aus aller Welt und Albtraum für die Feuerwehr.

 

Einmal im Jahr rollen die Fahrer der Wehr durch die Altstadt, testen die Abstände, schulen ihr Fahrgefühl, gucken, ob die großen Fahrzeuge durch die engen Gassen kommen. Was tun, wenn zugeparkt ist? „Warten“, sagt der Kommandant Oliver Knörzer lapidar. Klar, man könnte mit genügend Man-Power versuchen, das falsch geparkte Auto auf Schaufelstiele zu lupfen und es per Hebelwirkung zu Seite zu drücken, aber das ist eher ein theoretisches Vorgehen. Machen musste es die Feuerwehr noch nie. Glück gehabt.

Glück gehabt hat auch der Handwerker am Hafenmarkt, der auf einer einladenden Freifläche mitten im Halteverbot steht. Er bekommt nur einen Strafzettel, eigentlich müsste sein Auto abgeschleppt werden. Er kam aber zu seinem Auto gerannt, noch bevor der Esslinger Ordnungsamtsleiter Gerhard Gorzellik einen Abschleppwagen geordert hatte.

Denn das war eine Freifläche für die Feuerwehr. Hier würde im Einsatzfall die Drehleiter stehen, und die Fläche darf unter gar keinen Umständen zugeparkt werden. Das strikte Verbot erschließt sich, als der Handwerker versucht wegzufahren und sich sein Lieferwagen und die Feuerwehrautos gegenseitig blockieren.

Mit ruhiger Hand

Mit ruhiger Hand steuert Rainer Alber die Drehleiter weiter. Dieses Fahrzeug ist mit Bedacht gewählt. Ein Mannschaftswagen oder ein Löschfahrzeug könnte im Ernstfall auch weiter weg parken. Dann müssten längere Schläuche verlegt werden, was zwar mehr Zeit kostet, aber letztlich würde die Wehr löschen können. Eine Drehleiter muss bis ganz an den Brandherd rücken, um die Menschen zu retten. Im Heppächer ist erstmal Schluss. Durch Falschparker wird es verdammt eng. Der Beifahrer Simon Mittnacht springt aus dem Wagen. Über Funk prasseln die Kommandos, „Stopp! Fünf Zentimeter!“ Rainer Alber kann jetzt keine Fragen gebrauchen, denn er muss sich voll konzentrieren.

Neben dem Lenkrad hat er einen ankerförmigen Hebel, damit kann er auch die Hinterräder lenken. Gorzellik zückt sein Maßband. Wenn die Parker weniger als drei Meter Platz gelassen haben, dann werden sie abgeschleppt, ansonsten verwarnt. „3,20 Meter“ tönt es über Funk. Noch mal einer, der Glück gehabt hat.

Alber fährt weiter. Statt zur Bundeswehr ging er zehn Jahre als Freiwilliger zur Feuerwehr und ist dabeigeblieben. Es war die Freundschaft, die Kameradschaft, der Zusammenhalt und das Gefühl, Gutes zu tun und Leben zu retten, was ihn hielt.

Mit dem linken Außenspiegel rasiert er eine Kletterrose in der Heugasse. Hin und wieder springt Simon Mittnacht heraus, und zieht die Poller am Gehwegrand aus dem Boden. Meter für Meter rollt die Drehleiter zum Alten Rathaus. Eine Catering- Firma hat dort ihre schwarzen Lastwagen geparkt, Alber zieht die Drehleiter vorbei, der Aufbau auf dem Fahrzeug hat vielleicht 20 Zentimeter Platz. Er kurbelt die Scheibe nach unten „Da hast du aber Glück gehabt“, sagt er zu dem Koch, der zurück grinst. Die beiden kennen sich von früher.

Zwei Stunden kurvt die Feuerwehr durch die Altstadt

Fast zwei Stunden kurvt die Feuerwehr durch die Altstadt. Die Webergasse, die Beutau, das sind die neuralgischen Punkte, da tut sich die Wehr schwer. Und wenn man mal gar nicht durchkommt? „Dann würden wir versuchen, einen anderen Anfahrtsweg zu finden“, sagt Knörzer. Meist gelingt das auch. Aber alles was die Feuerwehr aufhält, kostet Zeit, die gefährdeten Menschen fehlt. Aber bisher – und da können die Bewohner ruhig schlafen – hat es die Feuerwehr in der Altstadt noch immer geschafft, zu rechtzeitig kommen und zu löschen.