Esslingen Nur der Ritter muss sein Schwert abgeben

An den Wochenenden bekommt der Esslinger Mittelaltermarkt Zuwachs. Viele Fans nutzen die Gelegenheit, um sich in historischer Gewandung auf eine Zeitreise zu begeben.
Esslingen - Das Mittelalter in Esslingen ist ein räumlich überschaubarer und zeitlich begrenzter Kosmos. Die Künstler auf der Bühne und die Marktbeschicker an den Ständen bilden in den drei Wochen vor Weihnachten, in denen der Mittelaltermarkt in der Stadt Station macht, eine verschworene Gemeinschaft. Man ist unter sich auf dem Hafenmarkt und auf dem Rathausplatz. Doch immer, wenn es dem Wochenende zugeht, wird das Mittelalter bunt. Es wirft seine professionellen Ketten ab.
Unter die Marketender, Spielleute und Gaukler mischen sich Männer und Frauen, die im normalen Leben als Bankangestellte, Verkäuferinnen oder Sachbearbeiter ihr Geld verdienen. Dann wird der Markt in Esslingen zu einem Mekka für Mittelalter-Freunde, die oft von weit her anreisen, um in der malerischen Kulisse der ehemals Freien Reichsstadt ihrem Zeitreise-Hobby zu frönen.
Die Fans sind in Esslingen ausdrücklich willkommen
Thorsten Kawalier aus Neustadt am Kocher und Bettina Kube aus Augsburg gehören zu denen, die regelmäßig in die Vergangenheit reisen. „Es macht Spaß, eine andere Rolle einzunehmen“, sagt Thorsten, der im normalen Leben liegengebliebene Autos abschleppt. Seit zwölf Jahren lebt er seine Leidenschaft. So oft es geht, tauscht er den Blaumann gegen ein mittelalterliches Gewand. „Man lernt viel über die Menschen“, sagt er. Der Zusammenhalt in der Mittelalterszene sei groß. In Esslingen ist es den Fans zwar verwehrt, mit eigenen Zelten an das Lagerleben anzudocken, doch andernorts sind die Statisten gerne gesehen, wenn es darum geht, ein Mittelalterszenario auch über Nacht mit Leben zu füllen. „Wenn die Fans den Markt mit ihren Kostümen beleben, sind sie bei uns ausdrücklich willkommen“, sagt Michael Metzler, der Geschäftsführer der veranstaltenden Esslinger Stadtmarketing- und Tourismusgesellschaft. Lediglich, wenn es gar zu martialisch wird, legt er sein Veto ein. „Ritter mit Rüstung und Schwert hat es in Esslingen nie gegeben“, sagt Metzler.
„Hier grüßt man sich“
Mit Waffen hat Thorsten nichts am Hut. Er schätzt die freundliche Begegnung mit Gleichgesinnten. „Im normalen Leben geht man schweigend aneinander vorbei. Hier grüßt man sich“, sagt er. Einst war er mit seiner damaligen Frau und sechs Zelten unterwegs – in Deutschland, Italien und in Frankreich. „Nach der Scheidung hat sie alles behalten, und ich habe ganz klein wieder neu angefangen“, sagt er. In Esslingen wird er von Bettina begleitet, die eigenen Worten zufolge seit einem Jahr vom Mittelalter „total angefixt“ ist. Der Spaß am Verkleiden ist nicht billig. Rund 600 Euro, so rechnet sie zusammen, hat sie bisher in ihre Kleidung gesteckt. In Esslingen kommen noch ein paar Euro obendrauf – für Stulpen gegen die Kälte.
Auch wenn die Getränke nicht in Plastikflaschen, sondern in Tonkrügen gereicht werden, statt an der Zigarette an der Pfeife gezogen wird und die Sprechweise („So denn, gehabt Euch wohl!“) für Uneingeweihte gewöhnungsbedürftig ist – zu 100 Prozent authentisch ist der Auftritt der beiden dann doch nicht. Soll er auch nicht sein. „Wenn wir diesen Anspruch hätten, dann müssten wir auch mit der Kutsche anreisen“, sagt Thorsten. So viel Zeit für die Zeitreise hätten sie dann doch auch wieder nicht.https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.esslingen-der-markt-mit-dem-wow.41fdadc0-dea4-4110-b2d8-08e518ca69b0.html?reduced=true
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