Die Wiener Schriftstellerin und Künstlerin Teresa Präauer ist die neue Bahnwärterstipendiatin der Stadt. Die 35-jährige Autorin bezeichnet sich als Kämpferin für das Vorrecht der Vorstellungskraft der Literatur.
Esslingen - Literatur hat die große Kraft, aufzuschneiden, hochzustapeln und Dinge zu erfinden.“ Teresa Präauer lacht: „Ich bin eine große Kämpferin für das Vorrecht auf die Vorstellungskraft der Literatur.“ Diesen Kampf kann die gebürtige Linzerin, die ihren Hauptwohnsitz in Wien hat, in den kommenden sechs Monaten mit Unterstützung der Stadt Esslingen weiterführen. Denn Teresa Präauer ist nach einer vierjährigen Pause die erste Bahnwärterstipendiatin für die Sparte Literatur.
Die der Weltfinanzkrise und dem klammen Esslinger Stadtsäckel geschuldete Unterbrechung haben die Kulturverantwortlichen in der Stadt genutzt, um ein paar Kriterien und Rahmenbedingungen für die neuen Stipendiaten zu ändern. Deren Adresse während ihrer Esslinger Zeit ist in Zukunft nicht mehr das dem Stipendium den Namen gebende Bahnwärterhaus in den Pulverwiesen. Statt der lauten, im meist menschenleeren Merkelpark gelegenen Unterkunft stellt die Stadt den Künstlern nun ein kleines, voll möbliertes Appartement in der Altstadt zur Verfügung.
2012 hat sie den aspekte-Literaturpreis bekommen
Auch hat man sich von der Residenzpflicht verabschiedet, dafür das Stipendium von drei auf sechs Monate verlängert und lädt nun im jährlichen Wechsel Literaten und Künstler ein. Im nächsten Jahr kommt der Maler Marcus Weber nach Esslingen.
Eigentlich hätte sich Teresa Präauer auch für die Bildende-Kunst-Sparte bewerben können. Schließlich hat sie neben Germanistik auch Malerei studiert und illustriert als zweites Standbein immer noch gerne eigene und fremde Texte. Für ihre Bilder zum Wolf-Haas-Buch „Gans im Gegenteil“ hat sie eine erste kleine Literaturauszeichnung bekommen. Wichtiger war für sie der aspekte-Literaturpreis des ZDF im Jahr 2012 für ihren Debütroman „Für den Herrscher aus Übersee“. Präauer: „Das war eine wichtige Bestätigung meiner Arbeit. Ich brauche nicht immer wieder bei Null anzufangen.“
Poetisch, aber nicht kitschig
Egal ob Roman, Essay oder Bildtext – grundsätzlich interessiert Teresa Präauer alles, was aus dem Rahmen fällt. Auch liebe sie es, den Reibungen zwischen zwei sehr unterschiedlichen Wünschen, Träumen, Befürchtungen oder – wie in ihrem jüngsten Roman „Johnny und Jean“ – Charakteren nachzuspüren: „Mich interessieren dabei nicht einmal so sehr die Charaktere selbst, sondern was zwischen ihnen geschieht.“ Das versuche sie in einer klaren, präzisen Sprache zu formulieren, die poetisch, aber nicht kitschig ist.
Ihr erster Eindruck von Esslingen ist positiv. Bevor sie ihr Lektor auf das Bahnwärterstipendium aufmerksam gemacht habe, habe sie sich noch nicht mit der Stadt beschäftigt. Aber beim ersten Spaziergang durch die Innenstadt sei sie fasziniert gewesen von der Dichte der Fachwerkbauten. Das kenne sie so aus Österreich kaum.
Konkrete Projekte hat sie sich für die kommende Zeit indes nicht vorgenommen. Sie will zunächst einen Monat lang in Esslingen leben und dann später immer mal wieder in die Stadt kommen. Schreiben sei indes bei ihr nicht an einen gewissen Ort gebunden: „Ich brauche nur meinen Computer.“ Und wie steht es mit Träumen? Teresa Präauer lächelt: „Ich möchte einmal das Cover vom ,New Yorker’ zeichnen.“