Die Bundesregierung fördert die Anwerbung ausländischer Ausbildungssuchender. Diese werden umfassend unterstützt, etwa bei der Wohnungssuche.

Stuttgart - Zehntausende Lehrstellen bleiben jedes Jahr in Deutschland unbesetzt. Die meisten im Hotelfach, im  Lebensmittelhandwerk, bei Metzgern, Klempnern und Bäckern. „Mobipro-EU“, ein Programm des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, soll Abhilfe schaffen. Die Zentrale Auslandsfachvermittlung der Bundesagentur für Arbeit (ZAV) sucht im Ausland gezielt Bewerber für Berufe, die hierzulande unbeliebt sind. In einem Praktikum können sich Arbeitgeber und Jugendliche kennenlernen und, wenn’s passt, einen Ausbildungsvertrag unterschreiben. Förderung für Sprachkurse, Reisekosten und Wohnung gibt es obendrauf.

 

Die Initiative wurde Ende 2012 von der damaligen Arbeitsministerin Ursula von der Leyen angestoßen. Sie wollte jungen, arbeitslosen Europäern eine Chance geben und den deutschen Betrieben Nachwuchs verschaffen. Das Angebot blieb nicht unerhört. Mehr als 9000 junge Europäer aus Krisenstaaten wie Spanien und Portugal bewarben sich, darunter Schulabgänger und ausgebildete Fachkräfte.

Das 2012 begonnenen Projekt wurde zunächst gestoppt

Doch der Andrang überforderte die Behörden. Das Arbeitsministerium stockte zunächst das Budget von anfänglich 140 Millionen Euro auf, stoppte dann jedoch das ganze Programm. Denn auch bei den Teilnehmern lief nicht alles wie geplant. Einige klagten, das Geld komme nicht an. Andere packten wieder die Koffer, weil sie Heimweh hatten. „Mit Geld allein ist es nicht getan, die Jugendlichen brauchen auch Betreuung“, sagt Andrea Bosch, die bei der Industrie und Handelskammer (IHK) in Stuttgart für Ausbildungsberufe zuständig ist. Im September hat das Programm mit einigen Änderungen und einem auf 560 Millionen Euro erheblich aufgestockten Finanzrahmen neu begonnen. Die jungen Ausländer sollen mehr an die Hand genommen werden. Es können sich Vereine, Verbände und Kammern bewerben, die zehn bis 15 Jugendliche betreuen: Ausbilder suchen, bei der Wohnungssuche helfen, Deutschunterricht organisieren, den Weg zum Arzt beschreiben und bei Behördengängen beraten. Während des Praktikums und der Ausbildung stehen den Projektteilnehmern mindestens 818 Euro im Monat zur Verfügung. Wer eigene Kinder in Deutschland betreut, bekommt für jedes Kind noch einmal 130 Euro.

Wenn die Träger bereits Partner in einem EU-Land, Island, Norwegen oder Liechtenstein haben, können diese Auszubildende entsenden. „Aus unserer Sicht ist damit die größte Schwachstelle behoben“, sagt Andrea Bosch. Zu Projektbeginn 2012 wurde jeder Teilnehmer individuell gefördert und musste sich um vieles selbst kümmern. „Das hat auch zu Misstrauen geführt“, erzählt Bosch.

Die Förderung für Fachkräfte wurde gestrichen

Künftig werden nur noch angehende Lehrlinge gefördert, die Unterstützung für Fachkräfte ist gestrichen. „Wir konzentrieren uns auf diejenigen, die noch gar keine Chance hatten“, sagt eine Sprecherin der Bundesagentur für Arbeit (BA). Ein schlechter Start habe Auswirkungen auf das ganze Berufsleben. Die vermittelten Facharbeiter hätten zudem nicht alle Erwartungen erfüllen können. Der Arbeitsmarktforscher Werner Eichhorst bei dem privaten Institut zur Zukunft der Arbeit in Bonn erklärt das so: „Ein Maschinenbauer aus Deutschland, der in Betrieb A ausgebildet ist, kann auch in Betrieb B arbeiten. In Spanien und Portugal ist das nicht unbedingt so.“ Das führe zu Enttäuschungen.

Die neuen Facharbeiter selbst auszubilden scheint daher der bessere Weg. „Ich kann nach deutschem Standard qualifizieren, bekomme finanzielle Unterstützung und habe für mein Unternehmen vielleicht irgendwann eine Topkraft im Ausland, die Deutsch spricht und kulturelles Verständnis vermitteln kann“, erläutert IHK-Mitarbeiterin Bosch. Ausbilder, die sich für „Mobipro-EU“ interessieren, können sich bei der Arbeitsagentur melden. Auch unabhängig von „Mobipro-EU“ sucht die staatliche Vermittlungsstelle ZAV Lehrlinge und Fachkräfte im Ausland. Die Förderung für das kommende Ausbildungsjahr ist auf 2000 Jugendliche begrenzt. „Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass das eine realistische Größenordnung ist“, sagt die BA-Sprecherin. An der Lehrlingsnot in Deutschland und dem Problem der Jugendarbeitslosigkeit in Europa wird das nur wenig ändern. „Wir hoffen, dass einige nach der Ausbildung hierbleiben oder die Idee der dualen Ausbildung in ihre Heimat tragen“, erklärt die Sprecherin der Arbeitsagentur. Letzteres hält auch Arbeitsmarktforscher Eichhorst für erstrebenswert: „Deutschland hat mit seinem Ausbildungssystem einen Wettbewerbsvorteil, aber für die internationale Mobilität ist mehr Koordination sinnvoll.“