Korrespondenten: Markus Grabitz (mgr)

Vestager aber hat sich schnell den Ruf gemacht, ein „tough cookie“ zu sein, wie die britische Wochenzeitschrift „The Economist“ schreibt, was so viel bedeutet wie „harter Hund“. So scheute sie auch nicht davor zurück, gegen die Steuerdeals von Luxemburg mit Ikea, Fiat und anderen Großkonzernen vorzugehen. Sie hat keine Berührungsängste, und das, obwohl die Steuerabsprachen im Großherzogtum in der Regierungszeit ihres jetzigen Chefs, Juncker, getroffen wurden. Freilich passt Vestagers Feldzug für Steuergerechtigkeit inzwischen auch Juncker ins Konzept: Der frühere Premierminister von Luxemburg hat die Seiten gewechselt. Als Kommissionschef hat er sich früh entschieden, gegen Steuervermeidungspraktiken von Konzernen vorzugehen.

 

Vestagers Erfolg ist aber auch damit zu erklären, dass sie einen besonderen Stil pflegt. Sie ist menschlich offen, gibt im Gespräch auch auch mal Privates von sich preis. So erzählte sie beim Interview im letzten Sommer, dass sie mit Freunden für den 50. Geburtstag ihres Mannes ein Häuschen in Italien gemietet habe, dass eine ihrer drei Töchter gerade zum Deutschlernen in Berlin war. Eine junge Mitarbeiterin, die vorher als Anwältin in London mehr Geld verdient hat, wegen ihrer Freunde eigentlich viel lieber in Berlin leben würde, bekennt, dass sie nur wegen Vestagers angenehmen Führungs- und Politikstils noch in Brüssel bleibe.

Erfrischender Umgang mit Interviewpartner

Durchaus ungewöhnlich ist auch, wie Vestager mit Interviews umgeht. Anders als etwa deutsche Politiker besteht sie nicht darauf, ihre Interview-Äußerungen vorher noch verändern zu können, bevor sie in den Druck gehen. Sie vertraut darauf, dass die Journalisten ihren Job schon richtig machen. Kein Interview will sie vorab noch einmal sehen. Das ist die Offenheit der Politikerin, die, wie es sich für eine Kopenhagenerin gehört, mit dem Fahrrad zu ihrer eigenen Vereidigung als Ministerin gefahren ist. „Als ich jung war“, sagte sie in einem Interview, „dachte ich, dass man Politik mit Ideen macht.“ Heute wisse sie, dass es ohne die Menschen nicht geht.