Die Politik streitet über die Einführung gemeinschaftlicher Anleihen, sogenannter Eurobonds. Und für jede Position gibt es gute Argumente.

Stuttgart - Für die einen sind sie das Heilmittel, um die Unsicherheit über die Zukunft des Euro an den Finanzmärkten zu beseitigen. Für die anderen ist die Einführung von Eurobonds fatal, weil dadurch die Refinanzierungskosten für die "guten" Euroländer stiege.

 

Ein Vorteil der gemeinsamen Staatsanleihen der Euroländer wäre in der derzeitigen Situation sicherlich, dass die Finanzmarktakteure nicht mehr gegen den Ausfall einzelner Staaten spekulieren könnten. Die gemeinsamen Anleihen würden durch eine noch zu gründende europäische Schuldenagentur ausgegeben, alle Euroländer würden dafür gesamtschuldnerisch haften. Sollte also zum Beispiel Griechenland nicht in der Lage sein, zu einem bestimmten Zeitpunkt seine Schulden zu bezahlen, würden automatisch die anderen Länder zur Zahlung herangezogen. Gegen diesen Automatismus wehrt sich vor allem die deutsche Bundesregierung. Sie befürchtet, dass dadurch in den verschuldeten Ländern der Zwang zum Sparen fehlt.

Zweiteilung ist möglich

Die Zinsen, die für diese Eurobonds gezahlt werden müssten, würden sich aus dem Durchschnitt der Kreditwürdigkeit der 17 Euroländer errechnen. Als Anhaltspunkt dafür, wo dieser Zinssatz liegen würde, könnten die Anleihen gelten, die der europäische Rettungsschirm EFSF zur Refinanzierung der bisher gezahlten Hilfen an Portugal oder Irland ausgegeben hat. Mitte Juni hat der EFSF zehnjährige Anleihen zu einem Zins von 3,49 Prozent auf den Markt gebracht. Für entsprechende Bundesanleihen zahlt der deutsche Finanzminister derzeit nur 2,34 Prozent. Italien, Spanien oder die hochverschuldeten Länder Griechenland, Irland und Portugal müssen dagegen den Investoren fünf oder mehr Prozent an Zinsen bieten. Sie hätten also einen deutlichen Kostenvorteil.

Denkbar ist aber, dass man das Instrument zweiteilt. So halten es Experten für möglich, dass man sowohl nationale Anleihen als auch gemeinsame Euroanleihen auflegt. SPD-Chef Sigmar Gabriel spricht davon, dass die Länder 50 bis 60 Prozent ihres Bedarfs über Euroanleihen decken könnten. Der Bundesfinanzminister könnte so zum Beispiel die Mittel für den nationalen Haushalt weiter über Bundesanleihen aufbringen und müsste nur für die Refinanzierung der Gemeinschaft die höheren Zinsen in Kauf nehmen. Allerdings sind sich die Experten nicht einig darüber, wie der Markt bei einer Gemeinschaftshaftung das Risiko auch deutscher Bundesanleihen einschätzen würde. Ein Aufschlag sei durchaus denkbar, heißt es. Hochrechnungen, dass der deutsche Staat durch Eurobonds bis zu 47 Milliarden Euro pro Jahr mehr zahlen müsste, wie dies Ifo-Chefvolkswirt Kai Carstensen kalkuliert, sind daher umstritten.

US-Staatsanleihen immer noch attraktiv

Auf jeden Fall, so meinen die Befürworter von Eurobonds, käme den deutschen Steuerzahler ein Auseinanderbrechen der Eurozone noch viel teurer. Der Wirtschaftsweise Peter Bofinger geht davon aus, dass der Maßstab für die Zinsen von Eurobonds eher die Verzinsung von US-Staatsanleihen wäre, weil für sie der gesamte Euroraum als Schuldner gesehen würde. US-Staatsanleihen haben durch die Herabstufung der Kreditwürdigkeit durch die Ratingagentur Standard & Poor's auf die zweithöchste Stufe bisher nichts an Attraktivität für Investoren eingebüßt.

Für zehnjährige US-Anleihen muss der Staat zur Zeit rund 2,28 Prozent an Zinsen zahlen. Hintergrund dabei ist, dass die Investoren nicht davon ausgehen, dass die USA pleitegehen, weil die Regierung jederzeit in der Lage ist, neues Geld zu drucken. Das würde auch für den Euroraum als Ganzes gelten.