Europäische Hochschule Duale Hochschule auf dem Weg nach Europa

Martina Klärle und Raimund Hudak sind ganz auf Europa eingestellt. Foto: DHBW/Clemens Weingärtner

Die Duale Hochschule Baden-Württemberg kann schnell auf die Bedürfnisse von Gesellschaft und Unternehmen reagieren. Diese Stärke will sie nun international ausspielen und helfen, Europas große Herausforderungen zu bewältigen.

Als Martina Klärle im Februar ihr Amt als Präsidentin der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) angetreten hat, sagte sie unserer Zeitung: „Es würde mir Freude machen, die DHBW als Exportschlager international zu vertreten.“ Jetzt sind die Präsidentin und die DHBW der Internationalität einen großen Schritt näher gekommen. Die DHBW will zusammen mit acht weiteren Hochschulen in Europa gemeinsam die erste Duale Europäische Hochschule gründen. Das Projekt „EU4Dual“wird von der EU im Programm „European University“ gefördert. Die Allianz kann für vier Jahre bis zu 14,4 Millionen Euro erhalten.

 

„Durch die Anerkennung als Europäische Hochschule haben wir so viel Rückenwind bekommen, das ist ein richtig gutes Gefühl“, freut sich Klärle – auch mit Blick auf den ständigen Wettstreit der DHBW mit Universitäten und Hochschulen für angewandte Wissenschaften. Raimund Hudak hat die Anträge geschrieben. Er ist ist Bildungsforscher an der DHBW Heilbronn und seit Jahren bemüht, das Konzept duale Hochschule zu exportieren.

Schneller Wissenstransfer als Trumpfkarte

Was braucht die Gesellschaft, was brauchen die Unternehmen? Die Stärke der dualen Hochschule ist der schnelle wissenschaftliche Transfer in die Unternehmen. „Das geht nirgends schneller als im dualen System. Wie der Transfer geht, das wollen wir Europa zeigen“, unterstreicht Klärle und verweist darauf, dass die DHBW sich als „die größte Transferhochschule in Deutschland“ versteht. Hier gelten die Baden-Württemberger als Messlatte für die europäischen Partner. International attraktiv ist auch die sehr hohe Employability, die Beschäftigungsfähigkeit der Absolventen. Das ist wenig verwunderlich, schließlich haben die DHBW-Studierenden schon während der Ausbildungszeit einen Vertrag mit einem Unternehmen.

Allerdings lässt sich das in Baden-Württemberg extrem erfolgreiche System nicht so leicht ins Ausland übertragen, und Raimund Hudak weiß auch warum. Viele andere Länder halten am Universitätssystem fest, und vor allem „in manchen Ländern will die Industrie die Bildung nicht unterstützen“, sagt Hudak.

In Baden-Württemberg zum Beispiel fördert das Land die DHBW mit 250 Millionen Euro im Jahr. Die Partnerunternehmen steuern aber 500 Millionen Euro bei. Die europäische Herausforderung werde also sein, so Hudak, „die Unternehmen zum Mitmachen zu bewegen“.

Flexible Bildungsangebote

Zusammen mit den acht Partnerhochschulen will die DHBW die Studiengänge und auch die Weiterbildung passgenauer machen. Microcredentialing ist das Zauberwort. Da kennt sich der Bildungsforscher von der DHBW aus: „Wir haben die EU dazu beraten“, erzählt Hudak stolz. Im Kern geht es darum, kompakte Bildungseinheiten, die Microcredentials, aufzusetzen und damit spezielle Qualifikationen zu vermitteln. So lassen sich die Ausbildungsgänge flexibilisieren und für die Unternehmen beziehungsweise für gesellschaftliche Bedürfnisse passgenauer aufsetzen, erklärt Hudak, denn die Halbwertszeit von Wissen sei zum Teil gering, „wir müssen schneller werden“.

Was die DHBW lernen will

Doch die duale Hochschule will in dem neuen Verbund auch lernen. „Wir wollen den Frauenanteil in technischen Studiengängen erhöhen. Das läuft in Finnland und in Polen besser“, beschreibt Martina Klärle ein Lernziel für die DHBW.

Und sie will die Internationalität und die Mobilität ihrer Studierenden und Lehrenden erhöhen. „Wir wollen auch im digitalen Raum vorankommen“, strebt die Präsidentin an. „Gerade kleinere Länder wie Finnland oder Estland sind digital sehr innovativ. Da können wir sehr viel lernen.“

Thematisch beschäftigt sich die neue Allianz mit den großen Herausforderungen Europas: Es geht um gesundes Leben, um die Zukunft der Arbeit und um grüne Ökonomie. „Gemeinsam wollen wir Europa ökologisch, ökonomisch und sozial nachhaltiger machen“, formuliert die DHBW-Präsidentin das Ziel.

Studierende profitieren vom internationalen Netzwerk

Was haben die Studierenden von der neuen Partnerschaft? „Sie können sich in einem wesentlich größeren Netzwerk weiter spezialisieren und die Internationalisierung intensivieren“, sagt Hudak. So sei etwa die Universität von Mondragon in Spanien, die das Konsortium führt, herausragend auf dem Themenfeld Robotics. Die finnische Partnerin sei bei der grünen Ökonomie weit vorn, die DHBW selbst sieht sich im interdisziplinären Forschungsbereich gesundes Leben in der Führungsrolle.

Auch die Unternehmen profitieren. Die allermeisten haben einen großen Fachkräftebedarf. An ihren internationalen Standorten können sie in Zukunft auf die Fachkräfte zugeschnittene Ausbildungsmodule mitentwickeln, betont Klärle. Die Allianz werten Klärle und Hudak als riesige Herausforderung. Zehn bis 15 alte und neue Mitarbeiter sollen das Projekt stemmen. Doch für die DHBW-Verantwortlichen steht schon jetzt fest: „Das ist ein Ritterschlag für die wissenschaftliche duale Bildung.“

Teilnehmer und Projekte

Projektteilnehmer
Dem Verbund „EU4dual“ gehören neben der DHBW acht weitere Hochschulen an: die Mondragon-Universität (Spanien), die FH Johanneum in Graz (Österreich), John-von-Neumann-Universität in Kecskemet (Ungarn), FH Savonia in Kuopio (Finnland), Technische Universität Koszalin (Polen), Malta College of Arts, Science and Technology (Malta), PAR Visoka Poslovna University College (Kroatien), Estia School of Advanced Industrial Technologies (Frankreich). Der Kreis der Partner soll nach dem Willen der EU im Projektzeitraum auf 20 Hochschulen ausgeweitet werden.

Andere Projekte
Aus der Initiative Europäische Hochschulen der EU werden aus Baden-Württemberg auch die Universitäten Freiburg, Heidelberg, Tübingen und das Karlsruher KIT gefördert, die schon in der dreijährigen Politphase dabei waren. Die Hochschule Karlsruhe ist neu in das Förderprogramm aufgenommen worden.

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