Europas Währungshüter legen nach der jüngsten Geldflut vorerst nicht noch einmal nach. Volkswirte erwarten jedoch, dass sich die EZB die Tür für weitere Maßnahmen offenhalten wird.

Frankfurt/Main - Die Europäische Zentralbank (EZB) verschärft ihren Billig-Geld-Kurs vorerst nicht weiter. Der EZB-Rat belässt den Leitzins, zu dem sich Geschäftsbanken bei der Notenbank Geld leihen können, auf dem Rekordtief von null Prozent. Das teilte die EZB am Donnerstag in Frankfurt mit. Der Strafzins für Geld, das Finanzinstitute über Nacht bei der Notenbank parken, beträgt weiterhin 0,4 Prozent.

 

Beobachter hatten nicht mit einer Änderung der Geldpolitik bei der Ratssitzung am Donnerstag gerechnet. Denn erst im März hatten die Währungshüter ihren Kurs im Kampf gegen Mini-Inflation und Konjunkturschwäche massiv verschärft:

Höhere Strafzinsen

Sie senkten den Leitzins im Euroraum auf null Prozent. Das vor allem in Deutschland umstrittene milliardenschwere Programm zum Kauf von Staatsanleihen und anderen Wertpapieren wurde ausgeweitet. Die Notenbank kauft seit April Papiere im Volumen von 80 Milliarden Euro monatlich, zuvor waren es 60 Milliarden Euro. Das Programm läuft bis mindestens März 2017. Zugleich brummte die EZB Banken höhere Strafzinsen auf. Außerdem gibt es ab Sommer neue billige Langfristkredite für Geldhäuser.

Mit diesem bisher einmaligen Maßnahmenbündel will die EZB die Kreditvergabe im Euroraum ankurbeln und so Konjunktur und Inflation anschieben. EZB-Präsident Mario Draghi hatte betont, die Notenbank habe damit ihr Pulver noch nicht verschossen. Die Tür für weitere Maßnahmen - einschließlich Zinssenkungen - dürfte offen und „Helikoptergeld“ ein Thema bleiben, erklärten Experten der Bayerischen Landesbank.

„Helikoptergeld“

Draghi hatte „Helikoptergeld“ - zielgenaue Finanzspritzen an Unternehmen und Verbraucher direkt von der Zentralbank unter Umgehung des normalen Bankensektors - zuletzt auf Nachfrage als „sehr interessantes Konzept“ bezeichnet. Im Rat der Notenbank habe man solche Ideen allerdings bisher nicht genauer erörtert.

Bislang kommt das viele billige Zentralbankgeld nicht im gewünschten Maß in der Wirtschaft an. Die Wirtschaft im Euroraum erholt sich nur schleppend, die Inflation ist nach wie vor im Keller.

Dauerhaft niedrige oder gar sinkende Preise gelten als Risiko für die Konjunktur. Unternehmen und Verbraucher könnten Anschaffungen aufschieben, weil sie erwarten, dass es bald noch billiger wird. Die EZB strebt daher mittelfristig eine Teuerungsrate von knapp unter 2,0 Prozent an - weit genug entfernt von der Nullmarke.

Die ultralockere Geldpolitik der Notenbank ist allerdings umstritten. Vor allem aus Deutschland hagelte es zuletzt Kritik. Unionspolitiker warfen der EZB vor, sie enteigne die deutschen Sparer.