Die Verdienste Helmut Kohls um Europa sind beispiellos, und es ist keine Frage: konsequenter als andere hat er als deutscher Bundeskanzler eine europäische Perspektive zur Richtschnur seines nationalstaatlichen Handelns gemacht, weil er davon überzeugt war, dass dies die Zukunft ist. An all dem muss man nicht zweifeln, um die Idee eines europäischen Staatsakts abzulehnen. Das Zeremoniell existiert bisher nicht. Wuchtige Zeichen wie diese werden von Staaten zur Selbstvergewisserung, zum Innehalten und als Symbol der Macht benutzt. Die in Kohls „Haus Europa“ versammelten Staaten bedienen sich dieser Zeichensprache aus guten Gründen auf unterschiedliche Weise. Europa aber ist kein Staat, dazu fehlen ganz andere, wichtigere Dinge als Begräbnisse mit Fackelträgern.

Wenn es stimmt, dass Kohl selbst dieses Zeremoniell gewünscht hat, dann zeigt hier einer noch im Tode seine Vorstellung, wonach er die individuelle Deutungshoheit darüber habe, was Europa sei und wolle. Das ist anachronistisch und offenbart eine ungute absolutistische Komponente. Es fragt mit keiner Silbe danach: was wollen die anderen? Wer ist zu ehren? Wie? Wollen die Europäer sich ein Zeremoniell erschaffen, dann sollten sie sich genau zu diesen Punkten in Ruhe verständigen. Ein Denkmal können sie Kohl immer noch setzen. (Katja Bauer)