Die Rohrleitung, die russisches Öl zur Raffinerie Schwedt bringt, soll zum Jahresende vom Netz gehen. Der Bund will den Betrieb im Werk unbedingt aufrecht erhalten – und behält sich notfalls eine Enteignung vor.

Deutschland will sich bis zum Jahresende vollkommen unabhängig von Erdöl-Lieferungen aus Russland machen und dann auch kein Öl mehr über die Druschba-Pipeline beziehen, die bislang die Raffinerie im brandenburgischen Schwedt versorgt. Das stellte das Bundeswirtschaftsministerium am Dienstag auf Anfrage klar.

 

Eine Sprecherin verwies darauf, dass die Europäische Union jetzt zunächst die Lieferung russischen Öls auf dem Seeweg unterbinden wolle und für Transporte per Pipeline Ausnahmen möglich sein sollen. Die Sprecherin betonte aber: „Deutschland und Polen haben bereits erklärt, dass sie die Ausnahmen nicht nutzen und russische Einfuhren über Pipelines zum Jahresende einstellen.“ Das sei insbesondere für die Raffinerie Schwedt mit ihrem russischen Mehrheitseigner Rosneft wichtig. Der Bund tue alles, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten.

Belieferung per Schiff geplant

Die PCK-Raffinerie in Schwedt versorgt den Nordosten Deutschlands inklusive der Hauptstadt Berlin mit Benzin, Diesel, Kerosin und Heizöl. Das verarbeitete russische Rohöl kommt überwiegend aus der Druschba-Pipeline, die in der Stadt an der Oder endet. Der russische Staatskonzern Rosneft hat ein Interesse daran, dort vorrangig Öl aus Russland zu verarbeiten.

Zuletzt hatte sich das Unternehmen aber offen dafür gezeigt, im Falle eines Embargos auch Rohöl aus anderen Ländern zu nutzen. Es könnte über die Ostseehäfen Danzig und Rostock herangeschafft werden. Von Schwedt aus führt eine weitere Rohrleitung zur Raffinerie in Leuna (Sachsen-Anhalt). Diese gehört jedoch dem französischen Konzern Total Energies. Er ist bereits dabei, seinen Rohöl-Bezug umzustellen.

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Die Bundesregierung behält sich vor, die Raffinerie in Schwedt notfalls unter Treuhandverwaltung zu stellen oder zu enteignen, um den Betrieb aufrecht erhalten zu können. Mitte Mai hatte der Bundestag eine Novelle des Energiesicherheitsgesetzes beschlossen, die derartige Schritte erleichtern soll.

Wichtiger Arbeitgeber

Die Raffinerie in Schwedt ist ein wichtiger Arbeitgeber im strukturschwachen Nordosten Brandenburgs. Sie beschäftigt rund 1200 Mitarbeiter, hinzu kommen Zulieferer und Dienstleister. Anfang der Woche nahm eine Projektgruppe aus Vertretern von Bund und Ländern ihre Arbeit auf. Sie soll Lösungen für die langfristige Zukunft des Standorts erarbeiten. Im Gespräch ist unter anderem der Aufbau einer Produktion für Wasserstoff oder nachhaltiges Kerosin.