Beim zweiten Halbfinale des Eurovision Song Contest in Düsseldorf sind am Donnerstagabend die letzten zehn Plätze für das Finale vergeben worden.

Düsseldorf - So schnell kann’s gehen. Für knapp die Hälfte der 43 Starter beim Eurovision Song Contest ist der Traum geplatzt, bevor er begonnen hat. Bereits in den Halbfinals sind sie ausgeschieden, was insbesondere für die Norweger – die Gewinner von 2009 – und die Türken – im vergangenen Jahr hinter Lena noch zweite – bitter ist. Am Donnerstagabend mussten neun weitere Länder die Segel streichen, unverdienterweise auch die israelische Kandidatin Dana International, das Feld der 25 Finalisten wäre damit komplettiert. Lena Meyer-Landrut und Amaury Vassili aus Frankreich konnten sich die Sache entspannt angucken, sie sind automatisch qualifiziert, dürften allerdings gewarnt sein. Denn so offensichtlich, wie sich die Zwillinge des irischen Duos Jedward, John und Edward Grimes, am Donnerstag in den Vordergrund sangen und – angesichts ihrer wunderbar choreografierten Videoshow – auch optisch in den Vordergrund spielten, steht seit Donnerstagabend zweifelsfrei fest, dass sie zweifelsohne am Samstag die absoluten Topfavoriten sind.

 

Das Duo Jedward begeistert die Zuschauer

Die einzige Unwägbarkeit bleibt nun nur noch, ob ihnen der Franzose Vassili etwas entgegensetzen kann – und wie sehr die Juryentscheidungen diese offensichtliche Erkenntnis noch trüben werden. Denn auch am Donnerstag zeigte sich angesichts des auf der Eurovision-CD längst nicht so einnehmenden Songs, wie wichtig neben dem Song an sich auch eine gelungene Bühnenperformance und ein großes Publikum sind. Umso erstaunlicher daher, dass die Jurys, deren Entscheidungen fünfzig Prozent des Punkteurteils ihres jeweiligen Landes ausmachen, ihr Votum schon vor dem Finale am Samstag abgeben, sie also nicht die Show in der Endrunde selbst würdigen. Alles, was dort noch passieren könnte, fließt somit nicht ein: sei es ein Stolperer der Kandidaten oder ein Stimmversagen.

Für Deutschland nehmen die Jury-Aufgabe die Entertainerin Ina Müller, die Juli-Sängerin Eva Briegel und der Musikchef von Bayern 3, Edi van Beek, wahr. Dazu kommen die unbekannte Sängerin der Newcomerband Frida Gold, Alina Süggeler, sowie der Funktionär Gerd Gebhardt, der die Welt um den Echo bereichert hat, der wiederum laut Wikipedia – ein Witz! – als „deutsches Pendant zu den US-amerikanischen Grammy Awards gilt und einer der begehrtesten Musikpreise der Welt ist“. Die Auswahl der Jury überzeugt folglich nicht. Umso mehr jedoch, und das war nicht unbedingt zu erwarten, das Moderatorentrio. Anke Engelke, Judith Rakers und Stefan Raab machen ihre Sache bombig. Sie sprechen so gut und so akzentfrei englisch, dass man, egal welche Vorbehalte man gegenüber diesen Protagonisten haben mag, unbedingt den Hut zu ziehen hat.

Seite 2: Die Buchmacher sind glücklich

Dazu komplettieren die beiden Damen dies auch noch mit wunderbarem Französisch. Und die Kommentare von Peter Urban, dem deutschen Kommentator, sind trefflich. Mit dieser Kombination, so viel ist sicher, blamiert sich Deutschland schon mal nicht. Entsprechend groß sind folglich die Hoffnungen, dass die weltbekannte Hightechnation Deutschland in der Lage sein wird, das Finale ohne Pannen zu übertragen. Im ersten Halbfinale hat das nur suboptimal funktioniert, als der Sprecherton in zehn Ländern vorübergehend ausfiel und Peter Urban darauf prompt bemerkte: „Wir sind hier doch nicht in Kasachstan“, was die Bewohner dieser Industrienation von der achtfachen Größe Deutschlands bestimmt erfreut zur Kenntnis genommen haben. So belustigt wie Urban war allerdings Jon Ola Sand nicht. Der Chef der European Broadcasting Union knurrte: „We are not happy“. Aber am Donnerstag lief alles wie am Schnürchen.

Lena liegt bei den Buchmachern nur noch auf Platz sieben

Glücklich sind folglich nicht nur die Buchmacher über ihre Fähigkeit, kurzfristig reagieren zu können. Am Donnerstag lag bei ihnen nach wie vor der Franzose auf dem ersten Rang, dahinter folgten die Iren, wohingegen Lena auf den siebten Platz gerutscht ist. Am Freitag werden sie dies gewiss abermals überdenken, denn das was Jedward ablieferten, war mehr als ein Wink mit dem Zaunpfahl.

Und Lena selbst? Sie vertrieb sich die Zeit in Düsseldorf damit, in der Vorberichterstattung Frank Plasbergs Ruhm als investigativem Politikjournalisten zu schmälern. Daneben konnte sie in Düsseldorf noch der Welt mitteilen, dass sie eventuell Theologie studieren wolle, zum Geburtstag einen Hund geschenkt bekomme und mit den irischen Zwillingen von Jedward ein bisschen auf – nicht in ! – den Betten herumgehüpft habe. In ihrer unvergleichlichen Art kommentierte die Titelverteidigerin, dass die neuerliche Teilnahme am Song Contest „total cool“ sei und ein „letzter Platz blöd“ wäre.

Tja: „Man muss bedenken, dass die meisten Kulturschaffenden dieses Events noch nicht lange volljährig sind“, schrieb dazu einer der zweitausend akkreditieren Journalisten trocken.