Schweden hat eine prima Show abgeliefert und die Dänin Emmelie de Forest hat wohlverdient gewonnen. Der nächste Gastgeber heißt also Dänemark und muss sich anstrengen, um eine ähnlich tolle Show abzuliefern.

Malmö - So kurz war die Heimreise einer ESC-Siegerin selten: Zwanzig Minuten über die Brücke von Malmö nach Kopenhagen, und schon war Emmelie de Forest bereit für den nächsten Auftritt. Nur einen halben Tag, nachdem in der Euroclub-Disco die Jubelparty nach dem Triumph der 20-jährigen Dänin beim Eurovision Song Contest ausklang, fuhr sie im offenen Doppeldecker zum Vergnügungspark Tivoli, wo mehr als 10 000 ihrer Landsleute der Liederelfe huldigten und neben der alten Landeshymne auch die neue grölten: „Only Teardrops“.

 

So endete der Schlagerwettbewerb mit dem Resultat, das alle Wettbüros prophezeit hatten, seit Emmelie im Februar ihren von Flöten und Trommeln unterlegten Ohrwurm bei der dänischen Vorausscheidung erstmals lancierte. Zwar entwickelte sich die Abstimmung anfangs für die Favoritin zu einem Nervenkitzel, da das Votum mit einer glatten Null aus San Marino begann. Doch es sollte die einzige Null für sie bleiben, und noch ehe die Punkte der letzten vier Länder vergeben waren, projizierte die Regie die dänischen Landesfarben auf die Robe der Conférencieuse Petra Mede und signalisierte so Emmelies Triumph. Es war ein klarer Sieg mit 281 Punkten vor Aserbaidschan und der Ukraine.

Dänemark tritt nun ein schweres Erbe an. Die schwedischen Gastgeber haben gezeigt, dass man auch mit geringeren Budgets und in einer kleinen Arena eine tolle Show abliefern kann: vom Einzug aller Teilnehmer zu der Hymne, die die Ex-Abba-Mitglieder Benny Andersson und Björn Ulväus mit dem DJ-Star Aviici eigens für den ESC komponiert hatten, über die köstlichen Ausflüge in die schwedische Geografie und die Grand-Prix-Geschichte bis hin zu der Rundreise durch alle über Schweden kursierenden Klischees, von der souveränen Petra Mede wahrhaft atemberaubend präsentiert – mit Charme, Biss, Intellekt und einer großen Portion Selbstironie.

Deutschland wurde knallhart ans Ende verbannt

Damit liegt die Latte sehr hoch für die Dänen. „Heute feiern wir, morgen beginnt die Arbeit“, sagte Maria Rørbye Rønn, die Generaldirektorin des Veranstaltersenders DR, als feststand, was auf sie zukommt. Als Dänemark 2001 nach dem Sieg der Olsen-Brüder letztmals den ESC veranstaltete, geschah dies in der riesigen Kopenhagener Sportarena namens Parken. Mit Grauen erinnern sich Veteranen an die schauerliche Akustik im Stadion, die erst vor wenigen Tagen auch ein Springsteen-Konzert zerstörte, und an das damalige Gastgeberpärchen, das sich mit gereimter Conférence versuchte und von der BBC als „Doktor Tod und die Zahnfee“ veräppelt wurde. Als Alternative bringt sich schon Herning ins Spiel, wo Dänemarks beste Indoor-Arena namens Boxen steht – allerdings eben in diesem 40 000-Seelen-Städtchen mitten auf der Heide. Wie sich der ESC-Fantross dort 14 Tage lang unterhalten sollte?

Solche Sorgen muss sich die deutsche Delegation nach dem Fiasko von Malmö nicht machen. 18 Pünktchen und Platz 21 für Cascada blieb selbst hinter den tiefgesteckten Erwartungen zurück, da mochte sich Sängerin Natalie Horler noch so ins Zeug legen und mochten die Fans noch so toben. Viel blamabler als der Auftritt war jedoch anschließend der Erklärungsversuch des ARD-Unterhaltungschefs Thomas Schreiber, der „politische Gründe“ für das miese Votum verantwortlich machte: „Ich will nicht sagen: 18 Punkte für Angela Merkel. Aber da stand nicht nur Cascada auf der Bühne, sondern auch Deutschland.“ Aha! Und Lenas Sieg 2010 war das Resultat europäischer Freude über Merkels damaligen Krisenkurs?

Mit dieser Argumentation begab sich Schreiber auf das Niveau der Serben und Albaner, die dunkle Konspirationen für ihr Ausscheiden im Halbfinale verantwortlich machten. Es stimmt, dass Griechen und Zyprer Deutschland keine Punkte gaben, aber das taten Finnland und die Niederlande, wo man voll hinter Merkels Sparpolitik steht, auch nicht. Wer nur in fünf von 39 Ländern punktet, sollte das eigene Auswahlverfahren infrage stellen. Ein vom Vorjahrssieger abgekupferter Song und eine hausbackene Tanzshow: wer glaubt, so gewinnen zu können, belügt sich selbst.