Am Montag beginnt im Stuttgarter Hospitalhof die viertägige Herbsttagung der Evangelischen Landessynode in Württemberg. Zentrales Thema: Die Segnung homosexuller Paare.

Stuttgart - Selten hatte die Synode der Evangelischen Landeskirche in Württemberg mehr Aufmerksamkeit wie in diesen Tagen. Grund ist anstehende Entscheidung des Kirchenparlaments in der kommenden Woche (27. bis 30. November) im Hospitalhof in Stuttgart zur Segnung gleichgeschlechtlicher Paare in öffentlichen Gottesdiensten. Die 98 Synodalen müssen über zwei Gesetzentwürfe geheim abstimmen.

 

Dabei liegt der Synode ein liberaler Entwurf der Gruppierung Offene Kirche vor, der die vollständige Gleichstellung von homosexuellen mit heterosexuellen Paaren vorsieht. Und ein Kompromissvorschlag des Oberkirchenrats, der den Gemeinden das Entscheidungsrecht überträgt. In den Gemeinden selbst müsste damit dann eine Dreiviertel-Mehrheit im Kirchengemeinderat und die Stimme des Pfarrers die Voraussetzung für eine Homo-Segnung schaffen. Das, so erklärte Winfried Klein, Referatsleiter Allgemeines Recht im Oberkirchenrat, schützte das Gewissen der Menschen in den Gemeinden.

Mehrheit für Homo-Ehe fraglich

„Wir haben die Lage sondiert“, sagte Karl Hardecker, Vorsitzender des Theologischen Ausschusses der Landessynode, „für eine verpflichtende Lösung hätte es keine Mehrheit gegeben, daher unser Kompromissvorschlag.“ Ob die stärkste Kraft im Kirchenparlament, die konservativ-pietistische Gruppe Lebendige Gemeinde (43 Sitze) auf den Kompromiss eingeht, ist offen. Für eine Öffnung wären 66 der 98 Stimmen notwendig. Findet keiner der beiden Anträge eine Mehrheit, bleibt alles beim Alten.

Ursache für die rigide Haltung der Lebendigen Gemeinde ist deren strenge Auslegung der Bibel. „Keiner kann daher die Abstimmungsergebnisse vorhersehen, aber ich erwarte, dass in der Diskussion alle einander wahrnehmen und aufeinander hören“, sagte Synodalpräsidentin Inge Schneider. Ihre Mahnung dürfte Landesbischof Frank Otfried July in seiner Ansprache an die Synodalen aufnehmen. Mehr noch: Es wird erwartet, dass der Landesbischof erstmals beim Thema Homo-Segnung Stellung bezieht.

Eine andere theologische Persönlichkeit hat dies bereits getan: Der Tübinger Theologie-Professor und Ephorus des Stifts, Volker Henning Drecoll, hat einen eindringlichen Brief, der dieser Zeitung vorliegt, an alle Synodalen verschickt. Drecoll schreibt darin von einer „großen Beunruhigung unter den Theologiestudierenden“ angesichts der bevorstehenden Entscheidung der Landessynode. Wörtlich: „Für die junge Generation ist es eine wichtige Frage, ob es der Kirche gelingt, einen wertschätzenden Umgang mit Homosexuellen zu leben. Die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare nicht zu ermöglichen, wirkt da als ein starkes, negatives Signal. Negativ, weil in unserer heutigen Gesellschaft die Ehe auch für Gleichgeschlechtliche möglich ist. Negativ aber auch, weil die Individualität der Lebensgestaltung ebenso betroffen ist wie die Frage, wie Kirche mit den Geschlechtern umgeht.“ Sowohl Klein als auch Hardecker erklärten, dass sie den Drecoll-Brief ernst nähmen und in die Diskussionen der jeweiligen Ausschüsse einspeisen werden.

Kirchensteuer sprudelt

Positive Nachrichten gab es indes vom Finanzdezernenten Martin Kastrup: die Kirchensteuereinnahmen lagen Ende Oktober dieses Jahres rund sechs Prozent über dem des Vorjahres. „Geplant waren 730 Millionen Euro, am Ende könnten es sogar 750 Millionen Euro sein“, sagte Kastrup. Diese Marke wäre ein Rekord. Im vergangenen Jahr nahm die Landeskirche 711 Millionen Euro Steuern ein. Damit steigen die Kirchensteuereinnahmen seit 2011 stetig an – doch im Jahr 2018 rechnet man mit einem Ende der Rekorde. Kastrup prognostiziert nur 690 Millionen Euro Einnahmen.