Für die Baden-Württemberg-Stiftung bringt das Jahr 2024 gleich eine doppelte Zäsur. Ihr Geschäftsführer Christoph Dahl (70) geht im Frühling altershalber in den Ruhestand. Der einstige Regierungssprecher von Ministerpräsident Günther Oettinger (beide CDU) stand dann 14 Jahre an der Spitze der Stiftung, die mit dem Milliardenerlös aus dem einstigen EnBW-Teilverkauf nach Frankreich Projekte für Wissenschaft, Bildung und Gesellschaft finanziert. Für seine Nachfolge haben die Grünen das Vorschlagsrecht, als Kandidatin wird die frühere Wissenschaftsministerin Theresia Bauer gehandelt.
Zugleich wird die Arbeit der Stiftung (Motto: „Wir stiften Zukunft“) nach mehr als zehn Jahren wieder einmal grundsätzlich überprüft und gegebenenfalls neu ausgerichtet. Bereits im Frühjahr hat der Aufsichtsrat unter Leitung von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) die Evaluation beschlossen. Neben einer Rückschau auf das Erreichte erwarte man sich davon „Empfehlungen zur strategischen und institutionellen Weiterentwicklung“. Nun wurden auch noch die Mitglieder der Kommission benannt, die den Prozess als „zentrales Gremium“ begleiten soll. Beginnen soll er mit einer „Begehung“ im Frühjahr 2024, ein externes Institut steuert das Verfahren konzeptionell und organisatorisch.
Fünf Frauen und ein Mann im Begleitgremium
Zu der Runde gehören sechs „Persönlichkeiten mit ausgewiesener Erfahrung in den Themenfeldern der Stiftung“, fünf Frauen und ein Mann. Manches Mitglied war schon früh gehandelt worden, darunter Ingrid Hamm, die langjährige Geschäftsführerin der Bosch-Stiftung, andere Namen werden erst jetzt bekannt: Christiane Riedel etwa, die einstige Chefin des Zentrums für Kunst und Medien (ZKM) in Karlsruhe, oder Margret Wintermantel, ehedem Präsidentin der Hochschulrektorenkonferenz.
Dabei ist aber auch eine Frau, zu deren Berufung es im Vorfeld kritische Fragen gegeben hatte: Annette Schavan (68), Ex-Abgeordnete und Ex-Ministerin in Bund und Land und zuletzt Botschafterin beim Vatikan. Der Vorschlag soll aus der Landtags-CDU gekommen sein, deren Chef Manuel Hagel Schavan zu seinem Beraterkreis zählt.
Verlorener Doktortitel spielt keine Rolle
Gleich in zweierlei Hinsicht hatte Schavans Nominierung Aufsehen erregt. Wie passt jemand, der seinen Doktortitel wegen wissenschaftlichen Fehlverhaltens verloren hat, zu einer Stiftung mit dem Fokus auf Wissenschaft? Als die Ex-Ministerin vor einigen Jahren als Chefin der Konrad-Adenauer-Stiftung im Gespräch war, wurde dieses Manko offen angesprochen. Man fände es „unpassend“, wenn die CDU-Denkfabrik „von einer Person ohne berufsqualifizierenden Abschluss geleitet würde“, hieß es aus dem Kreis der Altstipendiaten. Bei der Landesstiftung spielt dies offenkundig keine Rolle. Eine Sprecherin des Staatsministeriums verweist auf Schavans langjährige Erfahrung in den Themen Bildung, Forschung und Gesellschaft. Sie sei „Mitglied in zahlreichen Stiftungsgremien und kennt sich daher bestens mit der deutschen Stiftungslandschaft aus“.
Auch beim zweiten Einwand sieht die Regierung kein Problem. Schavan war einst enge Vertraute von Ministerpräsident Erwin Teufel, als dessen Kind die Stiftung gilt. Im Kampf um dessen Nachfolge war sie zudem Gegenspielerin von Oettinger, dessen Vertrauter Dahl nun die Stiftung führt. Könnte sie sich in ihrem Urteil davon leiten lassen, mal wohlwollend, mal kritisch? Die Evaluationsagentur habe alle Kommissionsmitglieder nach potenziellen Interessenkonflikten gefragt, so die Sprecherin. Niemand habe solche gemeldet, auch Schavan nicht.
Gremium konstituiert sich im Januar
Nun wird mit Spannung erwartet, ob die Ex-Ministerin und Ex-Doktorin sogar an die Spitze des Begleitgremiums rückt. Noch scheint das nach Auskunft des Staatsministeriums offen zu sein. Die Kommission finde sich gerade und solle sich Anfang nächsten Jahres konstituieren.