Baden-Württembergs Ex-Ministerpräsident Erwin Teufel kritisiert seine Partei deutlich. Die Wähler würden sich von der CDU entfremden.

Frankfurt/Stuttgart - Baden-Württembergs früherer Ministerpräsident Erwin Teufel (CDU) hat seiner Partei Profilmangel und Ideenlosigkeit vorgeworfen. „Die Stammwähler der CDU können nicht mehr sagen, worin die Alleinstellungsmerkmale der CDU liegen, wo ihre Kernkompetenzen sind, wo ihr Profil ist. Über Jahre und Jahrzehnte konnten sie das. Deswegen waren sie ja Stammwähler“, sagte Teufel in einem Gespräch mit der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ (F.A.S.). Er habe sich fünf Jahre lang mit Kritik zurückgehalten und geschwiegen. „Aber inzwischen habe ich das Gefühl, der Union ist mehr gedient, wenn man den Mund aufmacht, als wenn fast alle schweigen.“ Mit Blick auf die Bundespolitik sagte Teufel, der Union fehle auch wirtschaftliches Profil. „Für die CDU ist das eine Überlebensfrage, wenn sie Volkspartei bleiben will.“ Viele Politiker sprächen heute eine „Fachsprache, die außer dem Fachpublikum kein Mensch versteht“. Das könne sich die CDU mit ihrem Anspruch einer Volkspartei nicht leisten - die Wähler entfremdeten sich zunehmend.

 

"Warten auf eine andere CDU"

Als er in die Politik gegangen sei, hätten in jedem Kreisvorstand noch ein Unternehmer und ein einfacher Arbeiter gesessen. „Und die waren beide aufgehoben in der gleichen Partei. Das war die CDU. Das ist auch heute noch unser Potenzial: über 40 Prozent für die CDU und über 50 Prozent für die CSU. Und wir schöpfen es nicht aus.“ Die früheren Wähler „parken buchstäblich und warten auf eine andere CDU“.

Als einen wesentlichen Auslöser für den Vertrauensschwund nannte Teufel das Handeln der Politik in der Eurokrise: „Wenn Staats- und Regierungschefs in einer Nacht wesentliche Stabilitätskriterien wegputzen, die in Verträgen festgehalten, also geltendes Recht sind, geht Vertrauen verloren. Vom Bürger erwartet man, dass er sich an Normen, an Recht und Gesetz, an Verträge hält - und Staats- und Regierungschefs tun es nicht.“ Die CDU habe ihr Profil auch als Europapartei verloren. „Wir trauen uns nicht mehr, zu sagen, was wir als Ziel der europäischen Einigung anstreben.“ Teufel war von 1991 bis 2005 Ministerpräsident und CDU-Vorsitzender in Baden-Württemberg. Günther Oettinger und Stefan Mappus folgten ihm bis zum Wechsel zur grün-roten Regierung. Der 71-Jährige vertritt den christlich-konservativen Flügel der CDU.