Mit dem VfB hat der Torhüter Timo Hildebrand einst gegen den Abstieg gespielt. Im StZ-Interview sagt der 35-Jährige, worauf es ankommt.

Stuttgart – Der VfB Stuttgart tritt an diesem Samstag im Lokalderby bei der TSG 1899 Hoffenheim an – Timo Hildebrand hat bei beiden Clubs im Tor gestanden. „Ich hoffe, dass der VfB die Punkte mitnimmt“, sagt der 35-Jährige, „er braucht sie viel dringender.“

 
Herr Hildebrand, ganz am Anfang Ihrer Profikarriere haben Sie 2001 mit dem VfB gegen den Abstieg in die zweite Liga gekämpft. Wie hat sich das angefühlt?
Für mich war das eine ganz extreme Situation. Ich war ein junger Spieler, es war meine erste Saison als Stammtorwart, ich habe gleich den ersten Trainerwechsel erlebt, als Felix Magath für Ralf Rangnick kam. Das war ziemlich viel auf einmal. Der Druck, den ich da gespürt habe, war gewaltig. Das war eine frühe Erfahrung im Grenzbereich.
Wie haben Sie es damals geschafft, in der ersten Liga zu bleiben?
Das Wichtigste ist, dass der ganze Verein an einem Strang zieht. Außerdem hatten wir damals in Felix Magath einen Trainer, der mit seiner kompromisslosen Art schon mehrere Vereine vor dem Abstieg bewahrt hatte. Darin sehe ich eine Parallele zu heute. Auch Huub Stevens hat eine klare Linie und weiß, wie man mit einer solchen Situation umzugehen hat. Das macht es den Spielern leichter.
Der Trainer alleine wird es aber nicht schaffen. Wie groß sind Ihre Sorgen um den VfB?
Wenn man Letzter ist, dann spricht das für sich. Aber die Tabelle ist noch eng, das ist der Vorteil. Doch sollte sich niemand darauf verlassen, am Ende die Punkte zu holen. Denn der Druck wird immer größer. Der VfB muss jetzt damit beginnen, seine Spiele zu gewinnen. Am besten schon in Hoffenheim . . .
. . .  einem Ihrer anderen Ex-Vereine.
Das wird ein ganz enges Spiel, denn auch Hoffenheim hat nach dem schlechten Rückrundenstart nichts zu verschenken. Aber ich hoffe, dass der VfB die Punkte mitnimmt. Er braucht sie viel dringender.
Was macht Sie zuversichtlich?
Ich war gegen die Bayern im Stadion, da hat es die Mannschaft ganz gut gemacht. Und ich glaube, die Spieler profitieren von den Erfahrungen der vergangenen Saison und sind mental stark genug. Es bringt einen weiter, wenn man so eine Situation schon einmal gemeinsam überstanden hat.
Huub Stevens hat sich zuletzt über die negative Stimmung rund um den Verein beklagt. Wie nehmen Sie das wahr?
Stuttgart ist nun einmal ein anderes Pflaster als beispielsweise Gelsenkirchen. Auf Schalke ist das Stadion immer ausverkauft, auch wenn es einmal nicht gut läuft. Fußball ist dort Religion. Das ist hier anders. Wir wissen alle, wie die Schwaben sind. Richtig positiv wird es erst wieder, wenn alle wissen, dass es jetzt endgültig um alles oder nichts geht. Das war letztes Jahr genauso. Da gab es gegen Ende der Saison auch die totale Unterstützung für das Team.
Wie erklären Sie es sich, dass der VfB schon zum wiederholten Mal ganz unten mitspielt?
Ich habe im Fußball eines gelernt: Nichts geschieht ohne Grund. Andere Vereine machen aus schlechteren Bedingungen mehr als der VfB und haben sich in den vergangenen Jahren kontinuierlich weiterentwickelt – die Gladbacher zum Beispiel, die ich mit dem VfB vergleichen würde. Ich kann nicht beurteilen, was in Stuttgart intern schief gelaufen ist. Aber ganz offensichtlich sind zu viele falsche Entscheidungen getroffen worden. Das ist sehr schade.