Jeder Kassenversicherte soll innerhalb von vier Wochen eine Behandlung beim Facharzt bekommen können. So will es die große Koalition. Aber ihre konkreten Vorhaben wecken Zweifel, ob das gelingt.

Berlin - Das Wort „Servicestelle“ klingt zunächst ganz gut. Und dass die große Koalition nun Terminservicestellen vorgibt, die Kassen-Versicherten innerhalb von vier Wochen einen Facharzttermin verschaffen sollen, wird bei vielen Bürgern Zuspruch finden. Allerdings sind die wesentlichen Details offen.

 

Fest steht, dass sich jeder, der beim Facharzt seiner Wahl keinen Termin bekommt, an die Servicestelle wenden kann. Dafür braucht er eine Überweisung vom Facharzt (diese Auflage gilt nicht, wenn jemand eine Behandlung beim Augen-, Frauen- oder Kinderarzt wünscht). Zudem muss die Behandlung medizinisch erforderlich sein. Welche Untersuchung oder Behandlung als medizinisch erforderlich gilt, soll ein Fachgremium auf Bundesebene festlegen. Es muss auch entscheiden, welche Entfernung zu der von der Servicestelle vermittelten Arztpraxis als zumutbar gilt. Schafft es die Stelle, die bei der Kassenärztlichen Vereinigung eingerichtet wird, nicht, die Vier-Wochen-Frist einzuhalten, macht sie für den Patienten einen Termin in einem Krankenhaus aus.

Die Linksfraktion weist darauf hin, dass dies weite Wege bedeuten kann – und zwar ganz gleich, was das Gremium als zumutbar definiert. Im Flächenland Brandenburg zum Beispiel verfügten nur acht Kliniken über eine Abteilung für Augenheilkunde. Auch meint die Linke, dass der schwarz-rote Ansatz nichts an der Ungleichbehandlung von Kassen-Versicherten und Privatpatienten ändere. Privatpatienten bekämen auch künftig schneller einen Termin.

Es soll den Anspruch auf eine ärztliche Zweitmeinung geben

Niemand kann also heute sagen, wie nützlich die Koalitionsvorgabe tatsächlich sein wird. Union und SPD meinten eben, auf die Beschwerden über lange Wartezeiten reagieren zu müssen, die es fraglos gibt. Zwar ergab eine neue Umfrage der Techniker Krankenkasse (TK), dass in Baden-Württemberg 67 Prozent der Befragten mit der Terminvergabe zufrieden sind. In den neuen Ländern sagt das jedoch nur jeder Zweite. Dort gibt es gravierenden Ärztemangel – woran die Servicestelle nichts ändern würde. Als im Herbst 2013 in Gera eine neue Augenarztpraxis eröffnete, standen früh morgens mehr als hundert Bürger Schlange, um sich für die Sprechstunde anzumelden. In Thüringen hat die Kassenärzte-Vereinigung sogar schon zu einer bis dato unbekannten Zwangsmaßnahme gegriffen und einige Ärzte dazu verdonnert, zusätzlich Patienten zu versorgen.

Die Umfrage der TK zeigt auch, dass sich 75 Prozent der Versicherten vor wichtigen Behandlungen oder Operationen wünschen, eine zweite ärztliche Meinung zu hören. Die so genannte Zweitmeinung ist auch längst üblich und trägt dazu bei, dass Patienten Klarheit gewinnen, ob eine Operation wirklich nötig ist. In seinem „Gesetz zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung“ legt Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) nun fest, dass Kassen-Versicherte Anspruch auf eine Zweitmeinung haben. Für welche Operationen das gilt, muss wiederum ein Fachgremium auf Bundesebene klären. Klar ist, dass Gröhe ökonomische Interessen ausschließen will. Die Zweitmeinung, so heißt es im Gesetzentwurf, „kann nicht bei einem Arzt oder einer Einrichtung eingeholt werden, durch den oder durch die der Eingriff durchgeführt werden soll.“