Im kommenden Jahr werden Fernzüge nicht teurer. Die Jahre darauf hingegen schon. Der Staatskonzern will damit bis 2020 180 Millionen Euro mehr verdienen. Ob die Aufschläge angesichts der Konkurrenz durchsetzbar sind, ist zweifelhaft.

Korrespondenten: Thomas Wüpper (wüp)

Berlin - Von Sonntag an gilt der neue Fahrplan der Deutschen Bahn (DB). Erneut verzichtet der kriselnde Staatskonzern weitgehend auf Preiserhöhungen im Fernverkehr (ICE, IC, EC), um die Abwanderung von Fahrgästen zu Fernbussen nicht weiter zu beschleunigen. Von 2017 bis 2020 aber müssen Bahnfahrer wieder mit höheren Kosten rechnen. Dann sollen die Fahrpreise in den Fernzügen wieder steigen – und zwar „in jedem Jahr zwischen 1,9 und 2,9 Prozent“. So steht es in vertraulichen Unterlagen der DB-Führungsebene, die dieser Zeitung vorliegen.

 

Ob höhere Preise auf der Schiene angesichts der aggressiven Konkurrenz durch Fernbusse, Billigflieger und Mitfahrangebote in absehbarer Zeit durchsetzbar sind, wird allerdings auch von der DB-Spitze mit einem Fragezeichen versehen. Eine schwächere Konjunktur und eigene Qualitätsmängel könnten die geplanten Preismaßnahmen „negativ beeinflussen“, heißt es in der aktuellen Mittelfristplanung. Die höheren Fahrpreise sollen dem DB Fernverkehr jedes Jahr bis zu 40 Millionen Mehrumsatz bringen, bis 2020 insgesamt 180 Millionen Euro. Auf weitere 78 Millionen Euro zusätzlich hofft man durch Werbekampagnen mit Aktionspreisen, mit denen Neukunden gewonnen werden sollen. Insgesamt will der Konzern mit seinen Fernzügen von 2016 bis 2020 trotz der heftigen Konkurrenz einen Mehrumsatz von einer Milliarde Euro erreichen. Die zuletzt gesunkenen Erlöse der kriselnden Sparte sollen von rund 3,9 Milliarden Euro (2015) jedes Jahr um im Schnitt 4,5 Prozent auf 4,9 Milliarden Euro (2020) steigen.

Experten halten die Planung der Bahn für zu optimistisch

Zum erhofften Mehrumsatz sollen attraktivere Fahrpläne, schnellere Verbindungen wie die Ende 2017 fertige Schnellstrecke Berlin-München und neue Züge wie der ICE 4 weitere 251 Millionen Euro beisteuern. Ein verbessertes Produktimage, zum Beispiel mehr Sauberkeit, Pünktlichkeit und kostenloses WLAN an Bord, soll bis 2020 weitere 194 Millionen Euro Mehrerlös bringen. Die Kundenoffensive zur Ausweitung des Flächennetzes, mit der ab 2019 wieder mehr Städte und Bundesbürger direkte Fernverkehrsanschlüsse bekommen sollen, soll der DB 82 Millionen Euro Mehrumsatz in den ersten beiden Jahren verschaffen.

Experten halten die vertrauliche Mittelfristplanung der DB, über die der Aufsichtsrat des Konzerns nächsten Mittwoch berät, für zu optimistisch und geschönt. Allein im hart umkämpften Fernverkehr soll sich der gerade abgestürzte Gewinn bis 2020 mehr als vervierfachen und das operative Ergebnis nach Zinsen dann 562 Millionen Euro erreichen. Schon in der Vergangenheit fuhr die DB allerdings regelmäßig weit an ihren Planzielen vorbei. Gerade im Fernverkehr aber will der Konzern stark investieren und hat längst überfällige Großbestelllungen für moderne Zugflotten auf den Weg gebracht. Die Finanzschulden allein dieser Sparte sollen laut Planung von aktuell 188 Millionen Euro auf fast 2,7 Milliarden Euro bis 2020 steigen. Zinsen und die Tilgung werden dann zu enormen Zusatzbelastungen führen, zumal um rund zwei Drittel erhöhte Abschreibungen von dann rund 400 Millionen Euro pro Jahr bis 2020 bei der neuen Zugflotte hinzukommen.