Der Richter Kömpf und der Verteidiger des Angeklagten führten während einer Sitzungspause ein fast einstündiges Verständigungsgespräch, denn schließlich sollte zum Schutz des 36-Jährigen möglichst wenig über die Hintergründe des Überfalls an die Öffentlichkeit gelangen. Kömpf erklärte dazu nur so viel: „Das Ganze hat sich im Osmanen-Bahoz-Milieu abgespielt.“ Der Konflikt mit Übergriffen und gewalttätigen Einschüchterungen zwischen den nationalistisch orientierten Osmanen und der Bahoz-Bande – Bahoz bedeutet auf kurdisch „Sturm“– ist mitunter eskaliert und hat zu Prozessen geführt. Einer wird derzeit in der Justizvollzugsanstalt Stuttgart-Stammheim abgehalten.

 

Der 36-Jährige jedenfalls machte wegen der Attacke zunächst wenig Aufhebens. Er fuhr ins Krankenhaus. Die Stichwunden wurden genäht, nach drei Stunden fuhr ihn ein Cousin nach Hause. Dieser verständigte erst nach einigen Tagen die Polizei. Bei dem Verhör erklärte der 36-Jährige, dass er sowohl den Messerstecher als auch den Mann mit der Machete erkannt habe.

„Sie haben mit ihrer Falschaussage alle getäuscht“

Beide Täter wie auch das Opfer kamen in Untersuchungshaft. Wie sich herausstellte, hatte der 36-Jährige bei dem Messerstecher einen falschen Namen genannt, obwohl er sich völlig sicher gewesen sei, wie er dem Richter erklärte. Der vermeintliche Täter saß vier Monate im Gefängnis, bevor sein Haftbefehl aufgehoben wurde. Auch der Machetenschläger war ein anderer: Die Polizei fand bald heraus, dass er zur Tatzeit nicht vor Ort war, jedoch im Hintergrund die Strippen für den Überfall gezogen hatte. Er sitzt noch im Gefängnis.

Das Gericht und die Staatsanwältin legten dem 36-Jährigen dessen Vorstrafen zur Last, zu der auch eine gefährliche Körperverletzung zählt. Sie stellten für ihn keine günstige Zukunftsprognose. Der Mann mit Hauptschulabschluss lebt in Scheidung, hat zwei Ausbildungen abgebrochen und muss sich einer Drogentherapie unterziehen. „Sie haben zudem mit ihrer Falschaussage alle getäuscht“, sagte Kömpf, „eine Strafe zur Bewährung kommt deshalb keinesfalls in Frage.“