Der Feinstaubsauger ist beim Weiler Umzug mitgefahren. Was keiner wusste: Berroth hatte ihn schon vor 13 Jahren erfunden.

Weil der Stadt - Uns stinkt’s“ war auf einem Protest-Plakat zu lesen, gefolgt von viel Staub, einer „Moosi-Wand“ – und dann, als Lösung für das Problem, der große „Feinstaubsauger“ als Wagen am Sonntag beim Weil der Städter Fasnetsumzug. Heide Berroth steht am Sonntag auf der Ehrentribüne und denkt sich: Das kommt mir doch bekannt vor!

 

Und in der Tat: Wer in die Archive hinabsteigt und sich bis zum Juni 2005 vor-, oder eben zurückkämpft, dem begegnet die Berroth’sche Variante des Feinstaubsaugers, samt Krönung durch den damaligen grünen Landtagsabgeordneten Boris Palmer, der Berroth als „staubsaugerpolitische Sprecherin der FDP/DVP-Fraktion“ bezeichnet.

Das Frappierende ist, dass die gesamte damalige Debatte auch heute noch genauso stattfinden könnte. Am 13. April 2005 reicht die damalige FDP-Landtagsabgeordnete Heide Berroth bei der Landesregierung eine „Große Anfrage“ ein, betitelt mit: „Ursachen des Auftretens und Möglichkeiten der Beeinflussung der Feinstaubproblematik in Baden-Württemberg“. Als die Antwort vorliegt, ruft der damalige Landtagspräsident Peter Straub das Thema am 30. Juni 2005 auf die Tagesordnung des Landtags. Das Wort Fahrverbot fällt schon damals. „Meine sofortige Vermutung, dass die Einhaltung eines solchen Verbots praktisch unkontrollierbar wäre, wurde inzwischen von der Polizei bestätigt“, sagt Berroth laut Protokoll in ihrer Landtagsrede.

Ventilatoren wären nicht vernünftig

Und dann kommt sie zu den Maßnahmen: „Ventilatoren würde ich auch nicht für vernünftig halten; denn sie entfernen ja die Partikel nicht. Aber vielleicht könnte man an dieser Stelle einen ,Staubsauger’ installieren, [Zurufe von der SPD: Ah!] der dann die Luft filtert. [Lachen bei der SPD].“

Am nächsten Tag titelt die Stuttgarter Zeitung „FDP: Mit Staubsauger gegen Feinstaub“. In dem Text heißt es: „Zum zweiten Mal innerhalb weniger Wochen hat der Landtag gestern über die Feinstaubproblematik debattiert. Der originellste Beitrag kam dabei von der FDP-Abgeordneten Heiderose Berroth: Sie empfahl allen Ernstes, an besonders belasteten Stellen wie dem Neckartor in Stuttgart ,Staubsauger’ zu installieren, um die Luft zu reinigen.“

Damals war es übrigens die CDU-Umweltministerin Tanja Gönner, die in der Debatte die gesetzlichen Grundlagen für Fahrverbote forderte. Was ihre Parteifreunde davon heute wohl halten? Darüber hinaus will Gönner die Zahl der Messstellen verdoppeln.

Auch im Landtag geht am gleichen Tag die Debatte weiter – und wie. Aus den nüchternen Buchstaben des Protokolls lässt sich die Stimmung im Plenum nur erahnen. „Das Wort erhält Frau Abg. Berroth“, wird der stellvertretende Präsident Frieder Birzele zitiert. Danach notiert der Protokollant: Abg. Wieser CDU: Jetzt kommt die Heiderose! – Abg. Schmiedel SPD: Oh ja, die wollen wir zu diesem Thema noch einmal hören! – Abg. Stickelberger SPD: Gibt es einen neuen Staubsauger?

Rede Berroth: „Jetzt freut sich die SPD; jetzt kann sie wieder ein bisschen Stimmung machen.“ Zwischenfrage Wolfgang Drexler (SPD): „Haben Sie Ihren Staubsauger dabei?“ Rede Berroth: „Heute brauche ich den Ventilator, der wirklich etwas aufwirbelt; da haben Sie Recht.“ Schließlich muss selbst der Präsident um Ruhe bitte.

„Die staubsaugerpolitische Sprecherin der FDP/DVP-Fraktion“

Nach Berroth ist Boris Palmer der nächste Redner. Der heutige OB von Tübingen war damals grüner Landtagsabgeordneter. „Herr Präsident, meine Damen und Herren“, beginnt er seinen Beitrag. „Ich will jetzt nicht weiter auf die staubsaugerpolitische Sprecherin der FDP/DVP-Fraktion eingehen...“

Heute, 13 Jahre später, sitzt Heide Berroth zwar nicht mehr im Landtag, ist aber immer noch eine politische Frau. Das merkt sofort, wer sie anruft und zu dem Feinstaubsauger befragt. Die FDP-Politikerin erinnert sich gut. „Im Osterurlaub hatte ich mir die Fragen für die Große Anfrage überlegt“, erzählt sie. Anlass waren, schon damals, die hohen Messwerte am Stuttgarter Neckartor.

Was Berroth besonders aufregt,ist, dass in den vergangenen 13 Jahren nicht gehandelt wurde. Schon damals habe sie angemahnt, dass der Standort des Messstation falsch ist. Fünfmal habe sie das bei der CDU-Umweltministerin angemahnt. Schon damals habe sie mit Lungenärzten gesprochen, die Zweifel an den Grenzwerten hatten. Schon damals habe man nicht so genau gewusst, worauf die Grenzwerte eigentlich beruhen. Und schon damals war die Rede von Fahrverboten und von „Nachrüstungen von Dieselautos mit Partikelfiltern“, für die laut StZ-Bericht die Umweltministerin Tanja Gönner mehr steuerlicher Anreize gefordert hatte.

„Der heutige Stand der Diskussion ist derselbe wie damals“, bilanziert Berroth. „Ich war wahrscheinlich mit meinem Vorstoß zu früh dran – wie so oft.“