MP Winfried Kretschmann begeht mit 100 Gästen das Fastenbrechen - ein Novum fürs Land.      

Stuttgart - Der Empfang für Winfried Kretschmann (Grüne) hätte herzlicher kaum sein können. Noch vor dem allabendlichen Fastenbrechen, zu dem der Ministerpräsident am Mittwoch in Stuttgart geladen hatte, begrüßte ihn die junge muslimische Lehrerin Nermin Erdogan mit Grüßen seines ehemaligen Kollegen Hans-Peter Haseloff. „Ich hatte mal scherzhaft mit ihm gesprochen, dass ich Herrn Kretschmann von ihm grüße, wenn ich ihn treffe“, sagte Erdogan. Auch die anderen rund 100 Gäste verschiedener Glaubensrichtungen, mit denen Kretschmann dann als erster Ministerpräsident des Landes das Fastenbrechen feierte, hießen ihn überaus freundlich willkommen.

 

Bereits zum vierten Mal wurde in diesem Jahr das Iftar-Essen, so der Name des allabendlichen Fastenbrechens, von der Landesregierung ausgerichtet. Die CDU-Ministerpräsidenten Günther Oettinger und Stefan Mappus hatten allerdings nie teilgenommen. Doch nicht nur die Teilnahme des Regierungschefs, auch der herrschaftliche Rahmen im Neuen Schloss in Stuttgart zeugten von der Bedeutung, die die Landesregierung dem Anlass beimaß.

Nils Schmid wünscht "gesegneten Ramadan" - auf deutsch und türkisch

Vizeregierungschef und SPD-Landesvorsitzender Nils Schmid sagte, dass die Landesregierung für das Iftar-Essen bewusst den Marmorsaal des Neuen Schlosses gewählt habe, der den Rahmen für hohe Anlässe bilde. „Das ist gut so und das ist erst der Anfang.“ Die Iftar-Abendessen seien eine Gelegenheit zu Begegnung. Die Landesregierung verstehe diesen Anlass auch so, dass dadurch Verbindungen gestärkt würden. „Die Landesregierung freut sich sehr, dass unsere Iftar-Einladung so eine breite Resonanz gefunden hat.“ „Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Ramadan“, sagte Schmid, zunächst auf Deutsch, dann auf Türkisch und erntete dafür Szenenapplaus.

Wie wichtig Kretschmann, der gleichzeitig Kirchenbeauftragter der Landesregierung ist, das Thema Integration ist, wurde am Mittwoch erneut klar. Seit dem Regierungsantritt im Mai haben der Regierungschef und seine Landesregierung in Bezug auf das Thema Integration viel auf den Weg gebracht. Ein Integrationsministerium wurde geschaffen, der sogenannte Gesinnungstest für Migranten wird abgeschafft und die doppelte Staatsbürgerschaft soll durch eine Bundesratsinitiative angestoßen werden.

Seite 2: Kretschmann nimmt Öney in Schutz

Das symbolische Fastenbrechen markierte nun einen weiteren Schritt auf dem Weg zu einem von Respekt geprägten Miteinander, wie Kretschmann es anstrebt. Auf dem Weg dorthin spiele seine Integrationsministerin Bilkay Öney (SPD) eine wichtige Rolle, sagte er. Sie strebe Dialog und Integration an, nicht Assimilation, betonte der Regierungschef. Öney bezeichnete das gemeinsame Iftar-Essen als ein wichtiges Signal: „Dass er als Landesvater alle Menschen an den Tisch gebeten hat zeigt, dass es ihm nicht um Herkunft, sondern um das Zusammenleben in Baden-Württemberg geht.“

Öney: "Integration ist eine Sache von Können, Wollen und Dürfen"

Doch nicht nur bei den Gästen fand Kretschmanns Einladung und persönliche Teilnahme viel Beifall. Der Dialogbeauftragte des Verbands der Islamischen Kulturzentren, Erol Pürlü, nannte die Aktion „ein positives Signal, das in der derzeitigen Diskussion um den Islam wichtig ist“. Kretschmanns Einladung zum gemeinsamen Iftar-Essen habe „Vorbildcharakter“. „Wir wünschen uns, dass vielleicht auch andere führende Politiker“ wie Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) oder Bundespräsident Christian Wulff so etwas ausrichten, sagte Pürlü.

Integrationsministerin Öney ließ keinen Zweifel daran, dass das Thema Dialog in Zukunft weiter gefördert wird. „Integration ist eine Sache von Können, Wollen und Dürfen“, sagte sie am Mittwoch. Die Landesregierung hat alle diese Hebel in der Hand, um ein gutes Miteinander zu befördern.