Der Rekordmeister kann sich nur ein bisschen mit dem Torschützenkönig Mario Gomez trösten. Die Saisonbilanz blieb enttäuschend.

München - Einen Titelträger hat der FC Bayern am Ende einer missratenen Saison doch noch bejubeln dürfen, und die 69.000 Zuschauer in der Münchner Arena genossen diesen kurzen Freudenquell genauso wie Mario Gomez. Als der Nationalstürmer in der 87. Minute ausgewechselt wurde, kam kurz eine feierliche Stimmung auf. Gomez hat den Applaus dankbar entgegengenommen, denn er erinnert sich ja auch noch gut an jene Zeit, in der es Pfiffe nach seinen Fehlschüssen gab. Und weil alle ein bisschen mitfeiern sollten und es sonst ja nicht viel Anlass zur Freude gab, reichte er seine Torjägerkanone symbolisch weiter. "Der Titel ist auch für die Mannschaft. Ich bin Mannschaftsspieler und habe 28-mal einen fantastischen Pass bekommen", sagte der 25-Jährige.

 

Einer für alle, mit diesem Motto beschloss der FC Bayern ein Jahr der Irritationen und zermürbenden Machtkämpfe, geprägt von der Aversion des Vereinspräsidenten Uli Hoeneß gegen den ehemaligen Trainer Louis van Gaal. Froh sind sie beim Rekordmeister allenfalls, dass es unter dem Interimstrainer Andries Jonker in den letzten fünf Spielen doch noch zu Platz drei und damit zur Qualifikationsrunde für die Champions League gereicht hat.

"Zu viele Baustellen"

"Wir hatten zu viele Baustellen, auch intern. Das kostet zu viel Kraft und Energie", bilanzierte der Sportdirektor Christian Nerlinger. Der noch mögliche Sprung auf Platz zwei blieb den Bayern verwehrt - trotz des 2:1-Heimsieges zum Ausklang gegen den VfB Stuttgart, weil Bayer Leverkusen mit dem künftigen Bayern-Trainer Jupp Heynckes in Freiburg 1:0 gewann.

Nerlinger hofft nun, "mit der Verpflichtung von Jupp Heynckes einen Schritt nach vorne gemacht" zu haben. Dem Binnenklima dürfte das dritte Engagement des 66-Jährigen zuträglich sein. Und Hoeneß frohlockte bereits, mit immer noch vernehmbaren Groll auf van Gaal: "Die Hauptveränderung haben wir ja schon vorgenommen, indem wir einen neuen Trainer geholt haben. Damit haben wir schon eine ganze Menge getan." Dennoch soll der Kader weiter verstärkt werden. Bereits fix ist der Transfer von Stürmer Nils Petersen aus Cottbus. Der Nationaltorwart Manuel Neuer vom FC Schalke soll bald folgen, weitere Transfers stehen auf der Agenda.

Am Ende springt nur ein Ehrentitel heraus

Mit dem aufgepeppten Kader werden sie sich durchaus ernst zu nehmenden Gegnern in der Qualifikation für die Champions League am 17./18. und 24./25. August stellen müssen. Manchester City wäre derzeit einer der Kandidaten, auch Ajax Amsterdam, Juventus Turin oder der FC Villarreal könnten es werden. "Das wird sehr gefährlich, kein Selbstläufer", warnte Nerlinger. Aus der Ferne werden Thomas Kraft (künftig Hertha BSC), Andreas Ottl (Hertha?) und Hamit Altintop (Real Madrid?) das Geschehen verfolgen. Sie wurden vor dem Spiel verabschiedet. Bei Ottl und Altintop wird in Kürze mit der Vollzugsmeldung gerechnet, mit dem 32-jährigen Miroslav Klose soll in den kommenden Tagen gesprochen werden. Auch der Nationalstürmer könnte noch Abschied nehmen.

Gestärkt hat das Spiel gegen Stuttgart seine Verhandlungsposition nicht. Zwölf Minuten waren gespielt, und Klose erlaubte sich einen Fehlschuss aus zwei Meter Torentfernung, der an jenen von Gomez bei der EM 2008 gegen den Gastgeber Österreich erinnerte. Der Rollenwechsel könnte auch in der Nationalmannschaft folgen, wo Klose bisher noch von Bundestrainer Joachim Löw bevorzugt wird. Gomez allerdings sammelte mit seinem 28. Saisontor zum zwischenzeitlichen Ausgleich in der 37. Minute ein weiteres Argument für sich. Bastian Schweinsteiger traf später zum Sieg (71.), nachdem Shinji Okazaki die zunächst besseren Stuttgarter in Führung gebracht hatte (24.).

"Schnell nach vorne schauen"

Die Saisonbilanz blieb dennoch enttäuschend aus Sicht der Münchner. In den Titelkampf der Bundesliga konnten sie nie eingreifen, im DFB-Pokal war gegen Schalke im Halbfinale Schluss. Und in der Champions League riss Inter Mailand den FC Bayern bereits im Achtelfinale aus allen Träumen. Für 2012 heißt das Traumziel Finale in der Münchner Arena am 19. Mai.

"Schnell nach vorne schauen", hat Hoeneß deshalb empfohlen und einen Auftrag für die nächste Saison ausgegeben, angelehnt an den neuen Torschützenkönig Gomez: "Für den Mario ist das eine feine Sache, aber der Verein kann sich dafür nichts kaufen. Er hätte die Torjägerkanone sicher gerne gegen die deutsche Meisterschaft eingetauscht. Nächstes Jahr wird er hoffentlich beides gewinnen."