Der FC Ingolstadt befindet sich auf dem besten Weg, früher als erwartet in die erste Fußball-Bundesliga aufzusteigen. Dem Hersteller Audi sei Dank.

Ingolstadt - Es ist ziemlich frisch an diesem Morgen, aber der Heizlüfter wärmt. Frischer Kaffeeduft liegt in der Luft, die Maschine gluckert. Der rund acht Quadratmeter kleine Raum, der Thomas Linke als Büro dient, kann durchaus behaglich sein, obwohl es ein schmuckloser Container ist, direkt hinter der Gegengeraden des Sportparks. Gut ein Jahr liegt das zurück, und der Sportchef Linke sagte damals, es sei natürlich das Ziel, in der Bundesliga zu spielen, irgendwann jedenfalls.

 

Der FC Ingolstadt befand sich damals noch auf dem Relegationsplatz der unteren Tabellenhälfte der zweiten Liga und musste sich vor allem um den Klassenverbleib Gedanken machen. Nun könnte das langfristige Ziel bald erreicht sein, viel früher, als sie es selbst für möglich gehalten haben in Ingolstadt. Der FCI hat als Tabellenführer sieben Punkte Vorsprung auf den Relegationsrang der oberen Tabellenhälfte. Der Aufstieg scheint nah. Seit wenigen Tagen hat die Mannschaft von Ralph Hasenhüttl, 47, die Vorbereitung auf die verbleibenden 15 Spiele aufgenommen. Und auch der Trainer hat die Zurückhaltung längst abgelegt. „Der Weg zum Aufstieg führt unbestritten nur über uns“, sagt Hasenhüttl.

Der beste Angriff der Liga

Den besten Angriff und die zweitbeste Abwehr der Liga hat seine Mannschaft, nur ein Punktspiel hat sie in dieser Saison verloren und nebenbei einen Rekord überboten, der seit den 80er Jahren in der Liga Bestand hatte. 19-mal blieb Ingolstadt auswärts ohne Niederlage. Es sei fußballerisch „eine unfassbare Entwicklung“, die seine Mannschaft genommen habe, findet der Österreicher Hasenhüttl. Im Oktober 2013 kam er zum damaligen Tabellenletzten und hat seither eine Mannschaft ohne große Kickernamen, aber mit einem attraktiven Tempofußball an die Schwelle zur ersten Liga geführt. Jetzt gehe es darum, dieses „Stück Fußballgeschichte“ zu Ende zu schreiben, wie er sagt. Ihm sei das eine „Herzensangelegenheit“.

Den Traditionalisten ist die rasante Entwicklung in Ingolstadt aber ein Graus. Der Hauptsponsor, Trikotpartner und Stadionnamensgeber Audi hält über die Quattro GmbH knapp 20 Prozent an der Fußball GmbH, der Audi Immobilien Verwaltung gehören das Stadion und das Trainingsgelände, im Aufsichtsrat sitzen Audi-Vertreter. Auf die Bundesliga kommt ein weiterer Verein mit enger Anbindung an einen Konzern zu, nach dem VfL Wolfsburg, Bayer Leverkusen und 1899 Hoffenheim.

In Ingolstadt finden sie aber, dass diese kritische Sicht zu kurz greift, nicht nur in ihrem Fall. Dass hier alles nur durch Audi möglich werde, betrachten sie als eine „absolute Geringschätzung des riesigen Engagements, das alle hier Tag für Tag aufbringen“, wie es der Geschäftsführer Harald Gärtner ausdrückt. 8,5 Millionen Euro soll Audi pro Saison zuschießen, heißt es, was dem vergleichsweise bescheidenen Lizenzspieleretat entspräche, bei 20 Millionen Euro Gesamtetat. Allerdings sagt Hasenhüttl: „Das Geld fließt in infrastrukturelle Dinge.“ Und er findet: „Der größte Arbeitgeber der Region hat das Potenzial frühzeitig erkannt und ist 2006 als Investor eingestiegen, das ist nicht verwerflich.“

Es handelt sich um eine Mission

Damals spielte Ingolstadt noch drittklassig. Es war so gesehen also von Beginn an eine Mission, die auf Nachhaltigkeit ausgelegt war. Möglich wurde so Mitte 2014 zum Zehn-Jahr-Vereinsjubiläum nach der Fusion der verschuldeten MTV und ESV Ingolstadt 2004 der Umzug der Geschäftsstelle in das neue dreigeschossige Funktionsgebäude neben dem Stadion. Auch das Nachwuchsleistungszentrum beherbergt der Trakt. Aus dem Gebäude schaut man auf das Trainingsareal, auf drei Rasen- und zwei Kunstrasenplätze. Zudem entstand die Audi Akademie. 18 Jugendliche sind dort untergebracht, neben zwölf Nachwuchskickern auch sechs Talente des Eishockey-Erstligisten ERC Ingolstadt.

Der Autobauer unterstützt zudem zahlreiche weitere Veranstaltungen und Vereine im Raum Ingolstadt, auch aus Randsportarten wie American Football. Das Projekt FC Ingolstadt war von Anfang an auf die Förderung des Standorts ausgelegt und nicht nur von strategischem Kalkül geprägt wie etwa jenes von Dietrich Mateschitz bei RB Leipzig, so sehen sie das in Ingolstadt. Und der langjährige Geschäftsführer Gärtner sagt stolz: „Wir haben über die Jahre die Infrastruktur entwickelt, sind mit dem Stadion, dem Trainingsgelände oder dem Gebäude bundesligatauglich.“

Das Stadion ist schnell vergrößert

Sportlich soll Hasenhüttls Mannschaft nun folgen. Nur der Zuschauerzuspruch kann mit dem rasanten Aufschwung nicht mithalten, wohl auch wegen der Vorbehalte des Publikums gegen die Konzernanbindung. Mit einem Schnitt von 8200 Besuchern liegt der FCI auf Platz 15 der zweiten Liga. Doch auch in dieser Hinsicht ist Hasenhüttl zuversichtlich, wenngleich die Arena mit ihren gut 15 000 Plätzen nicht einmal ausverkauft war. „Ich bin mir sicher, dass ich das erleben werde“, sagt der Trainer, und zwar bald. Das 2010 eingeweihte Stadion kann bei einem Aufstieg übrigens auf bis zu 30 000 Plätze erweitert werden.