Ein Anwohner am Neckartor will die Stadt zu wirksamen Maßnahmen gegen die Feinstaubbelastung zwingen. Die bisherigen Aktionen kritisiert er als unwirksames Placebo.

Stuttgart - Der Rechtsanwalt des Anwohners am Neckartor, der die Stadt und das Regierungspräsidium (RP) Stuttgart per Klage zu wirksamen Maßnahmen gegen die Feinstaubbelastung zwingen wollte, hat die vom RP getroffenen Maßnahmen als unwirksames Placebo kritisiert. Zugleich kündigte der frühere Stuttgarter Grünen-Stadtrat Roland Kugler im Namen seines Mandanten weitere juristische Schritte an: „Das ist nicht das Ende der Fahnenstange.“

 

Wie berichtet, hatte sich das Regierungspräsidium im September vergangenen Jahres vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart in einem Vergleich verpflichtet, bis Ende 2011 die Einführung eines Tempolimits zur Senkung der Feinstaubbelastung in der Stadt und insbesondere im Bereich des Neckartors zu prüfen. Die Prüfung sollte auch über die Verhängung weiterer verkehrsbeschränkender Maßnahmen auf der B 14 bis zum 31. März einschließen.

Verworfen wurde, wie berichtet, ein generelles Tempolimit. Unter Berufung auf ein Gutachten argumentierte das Regierungspräsidium, dies führe lediglich zu Verkehrsverlagerungen auf andere Straßen. Aber auch die Prüfung zusätzlicher Maßnahmen fällt nach Ansicht Kuglers unbefriedigend aus. Am Neckartor darf demzufolge weiterhin mit 50 Stundenkilometern gefahren werden. Rund 150 Meter vor der dort installierten Feinstaubmessstation soll in Richtung Innenstadt eine sogenannte Pförtnerampel installiert werden. Als Begleitmaßnahme ist eine Videotafel in diesem Bereich vorgesehen. die abhängig vom Verkehrsaufkommen die Geschwindigkeitsbeschränkung auf Tempo 40 reduzieren soll, um so Staus und damit auch die Feinstaubbelastung der Luft vor dem Wohnhaus des Kläger zu verringern.

Kläger will permanente Besserung

„Diese Ankündigung macht deutlich, dass das Regierungspräsidium eigentlich nichts tun will, um die Feinstaubsituation an Deutschlands schmutzigster Kreuzung nachhaltig zu verbessern“, schimpft Kugler. Am Neckartor war im Jahr 2011 der Feinstaubgrenzwert an 89 Tagen überschritten – erlaubt sind nach EU-Vorgaben maximal 35 Überschreitungen pro Jahr. Die als Feinstaub bezeichneten Rußpartikel gelten als Krebs erregend. Nach Schätzungen der EU führt die Belastung der Bevölkerung durch Feinstaub europaweit jährlich zu 350 000 Todesfällen.

Mit der Pförtnerampel werde, so Kugler, kein Mikrogramm weniger Feinstaub in die Luft geblasen – der Ausstoß erfolge lediglich an einer anderen Stelle. Auch die bei Rotlicht aufleuchtende Videotafel mit dem Hinweis auf Tempo 40 bringe nur dann eine Entlastung, wenn dies überwacht und solche Tafeln nicht nur an einer Stelle in der Stadt aufgestellt würden.

Nach Angaben Kuglers will sein Mandant nun entweder den Vergleich mit Hinweis auf die Unwirksamkeit der Maßnahme anfechten oder gegebenenfalls eine neue Klage anstrengen. In einem ersten Verfahren, bei dem es um die Durchsetzung des Durchfahrtsverbots für Lastwagen ging, war dem Regierungspräsidenten Johannes Schmalzl ein Zwangsgeld angedroht worden, falls seine Behörde nicht bis zum Februar 2010 wirksame Schritte gegen die Feinstaubproblematik einleite.

Kugler und sein Mandant wollen erreichen, dass das Regierungspräsidium zur permanenten Verbesserung des Luftreinhalte- und Aktionsplans verpflichtet wird, und zwar bis der Feinstaubgrenzwert nur noch an den gesetzlich tolerierten 35 Tagen pro Jahr überschritten wird. Diese permanente Nachbesserung sei auch das Ziel der EU-Richtlinie, betont der Anwalt.