Fellbach Alles andere als ein Geheimbund

Eine Loge des weltweit existierenden Odd Fellow-Ordens ist in die Fellbacher Wohncity eingezogen. Die Organisation hofft, mit einer verstärkten Öffentlichkeitsarbeit Misstrauen bei den Menschen abbauen zu können.
Fellbach - Es gibt über Logen viele falsche Vorstellungen. Nicht wenige Menschen halten sie für Sekten oder radikale Gruppierungen, die im stillen Kämmerlein Unheil planen. Raimund Schleidt, der Obermeister der Württemberg-Loge No 1 des Odd Fellow-Ordens, kennt diese Vorurteile nur zu gut: „Keiner weiß, was es ist, aber jeder glaubt zu wissen, dass es etwas Schlimmes ist.“
15 Brüder treffen sich regelmäßig in der Loge
Am 28. Februar hat die Württemberg-Loge ihre neuen Räume in der Wohncity eingeweiht. Die rund 230 Quadratmeter wurden in den vergangenen acht Monaten komplett renoviert. Insgesamt 15 Brüder – so nennen sich die Mitglieder des Vereins – treffen sich jetzt regelmäßig dort. Auch Peter Huber gehört zu ihnen. „Ich schätze es, in einer Gruppe zu sein, in der menschliche Werte gelebt werden“, sagt er. Für ihn bedeute die Zeit mit den Brüdern auch eine Auszeit vom Alltag.
Doch wer sind diese Odd Fellows überhaupt? Im Jahr 1819 wurde der Orden in Baltimore als Organisation gegenseitiger Hilfeleistung für Handwerker gegründet. „Die Odd Fellows nahmen die nicht an bestimmt Zünfte gebundenen Handwerker auf“, erklärt Schleidt. Irgendwann kam die Idee, auch in Europa Logen zu gründen. Die Württemberg-Loge No 1, die am 1. Dezember 1870 gegründet wurde, sei die älteste in Europa, sagt Schleidt.
Ein Ziel ist humanitäres Wirken in der Gesellschaft
Ein Ziel der Organisation ist humanitäres Wirken in der Gesellschaft. Die karitative Hilfe sieht ganz verschieden aus. Peter Huber erzählt, wie sie kürzlich sozial schwachen Kindern einen Schulausflug finanziert haben, den sich die Eltern nicht hätten leisten können. „Das haben wir so mit der Rektorin eingefädelt, dass die Kinder überhaupt nichts mitbekommen haben.“ Ebenso unterstützt die Stiftung der Württemberg-Loge das Projekt „Schlupfwinkel“ für Straßenkinder und ermöglicht Angehörigen todkranker Kinder Übernachtungen im „Blauen Haus“ in Stuttgart.
Für die Bezeichnung Odd Fellows gibt es verschiedene Erklärungen. Schleidt übersetzt den Begriff mit „sonderbare Gesellen“ oder „besondere Gesellen“. Der Obermeister – was nichts anderes als Vorsitzender bedeutet – findet es kurios, dass viele Menschen die Organisation für einen Geheimbund halten. „Jeder weiß doch, dass es uns gibt“, sagt er. So würden etwa bei öffentlichen Festlogen auch die rituellen Tätigkeiten der Brüder vorgestellt. Peter Huber, der sich um die Pressearbeit kümmert, hofft, mit einer verstärkten Öffentlichkeitsarbeit Misstrauen bei den Menschen abbauen zu können.
Das Schmückstück ist die Halle
Das Schmückstück des neuen Quartiers ist die Halle. Auf den ersten Blick erinnert der große Raum mit Kerzenleuchtern, Podesten und Stühlen an einen Rittersaal. Auf einem Tuch am Tisch des Obermeisters ist das Symbol des Ordens großformatig abgebildet. „Die drei Kettenglieder stehen für eine weltumspannende Kette von Brüdern und Schwestern“, sagt Schleidt.
Ein Mal in der Woche schließen sich die Türen der Halle. Dann sprechen die Brüder über karitative Projekte, über ideelle Themen wie Wertschätzung und Vertrauen oder setzen sich mit Philosophen wie Immanuel Kant auseinander. „Es ist eine vertrauliche Sitzung im abgeschlossenen Raum“, erklärt Schleidt. Weil die Odd Fellows früher oft in andere Logen gewandert sind, gibt es in der Organisation schon immer Passwörter und geheime Handzeichen. „Heute ist das moderner Datenschutz“, sagt Huber augenzwinkernd. „Einen Mitgliedsausweis könnte man ja fälschen.“
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