Es ist ein schwieriges Jahr für die Imker, weil die Varroamilbe und die Kirschessigfliege auf dem Vormarsch sind. Die Honigbienen wollen nur ihren Job machen, doch überall lauert Gefahr in Form von Milben und Spritzmitteln.

Fellbach - Die Kirschessigfliege hat dieses Jahr im Obstbau große Schäden angerichtet und bedroht nun auch die Weintrauben am Kappelberg. Indirekt könnte der 2011 nach Deutschland eingewanderte Sechsbeiner aus der Familie der Taufliegen aber auch für andere Insekten zum Problem werden. Das einzige zur Bekämpfung zugelassene Mittel Spintor ist als bienengefährlich eingestuft. Es darf also nicht auf von Bienen beflogenen Pflanzen angewendet werden. Das gilt übrigens auch für den Unterwuchs, der folglich vor einer der bis zu sechs erlaubten Spritzungen gemulcht werden muss.

 

Imker sollen Abstand zu Weinbergen halten

Wolfgang Schultz, der Vorsitzende des Bezirksimkervereins Waiblingen und Umgebung, sieht allerdings keine große Gefahr von Bienenschäden: „Aus meiner Sicht ist die Problematik gering, weil ich davon ausgehe, dass sich die Winzer so verhalten wie sie sollen.“ Ohne Beikräuter sind die Weingärten für Bienen eher unattraktiv, obwohl Bienen im Frühjahr gelegentlich auch die Blüten der Reben befliegen. Im Gegensatz zu Wespen nagen sich Honigbienen aber nicht durch die Haut der Beeren, sondern lecken höchstens den Saft von bereits geschädigten Trauben. Dennoch empfiehlt das Landratsamt allen Imkern, ausreichende Abstände zu Weinbergen einzuhalten. Unter Umständen müssen sie ihre Kolonien an entfernte Plätze transportieren.

Peter Rosenkranz, der Leiter der Landesanstalt für Bienenkunde an der Universität Hohenheim, betrachtet die Spintor-Spritzungen eher gelassen, auch wenn er bedauert, dass der für Insekten nützliche Unterwuchs im Weinberg dadurch gestutzt wird. Das Mittel ist nach seiner Kenntnis für Bienen nur „mäßig problematisch“.

Die Varroamilbe macht mehr Probleme

Ganz anders ist dagegen die aktuelle Lage bei einem anderen Schädling, der Honigbienen und vor allem deren Brut direkt angreift: der Varroamilbe. Mit ihr wird es heuer „mit Sicherheit deutlich mehr Probleme geben, als letztes Jahr“, sagt Peter Rosenkranz. Wolfgang Schultz kann dieser Aussage nur beipflichten. Der Stettener hat bei seinen Völkern einen „sehr starken Varroabefall“ festgestellt und ist damit keine Ausnahme unter den Fellbacher und Kernener Imkern.

Schuld an der Massenvermehrung der stecknadelkopfgroßen Varroamilbe ist unter anderem das warme Wetter im zeitigen Frühjahr. Jetzt, nachdem die Imker den letzten Honig aus ihren Völkern entfernt haben, sollte die Bekämpfung der Milbe auf Hochtouren laufen. Dazu setzen die Imker nach dem Vorbild der Natur vor allem eine organische Säure, die Ameisensäure, ein. Sie muss im Bienenvolk verdampfen, was bei dem zuletzt eher feuchten Wetter nur schleppend vonstatten geht und die Wirkung der Säure einschränkt. Trotzdem hat Wolfgang Schultz nach der ersten Behandlung bis zu 1500 tote Milben pro Bienenvolk ausgemacht. Ein Alarmzeichen, denn der Schädling saugt nicht nur das Blut der Bienen, die Hämolymphe, sondern überträt auch krank machende Viren.

Imker beklagen eine schlechte Honigernte

Neben dem starken Varroabefall beklagen etliche Fellbacher Imker dieses Jahr wegen austrocknender Ostwinde und des für die Bienen allzu frühen Blühbeginns eine schlechte Honigernte. Das gilt offenbar jedoch nicht generell. Zwar ist die Ernte des zumeist hellen Blütenhonigs nach Ansicht von Peter Rosenkranz landesweit „eher durchschnittlich bis bescheiden“, beim dunklen Waldhonig gibt es aber auch andere Meldungen. Imker, die ihre Völker in einem Nadelwald aufgestellt hätten „haben zum Teil sehr gute Ernten“. Einer dieser Bienenhalter ist Wolfgang Schultz, der insgesamt mit seiner Ernte zufrieden ist.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann, der wohl bekannteste Bienenbesitzer im Land, dessen Völker allerdings von Mitarbeitern der Landesanstalt für Bienenkunde betreut werden, hat sogar eine bessere Ernte als im Vorjahr. Sein Beispiel zeigt die Bedeutung eines guten Standorts für die Bienen: Im und um den Park der Villa Reitzenstein stehen viele Nektar liefernde Bäume wie beispielsweise Linden.