Die Jazzpianistin Gee Hye Lee spricht im Interview über ihre Risikofreude beim Kochen und über nächste Ziele. Am 12. April spielt sie in Fellbach.
08.04.2014 - 11:58 Uhr
Fellbach - – Gee Hye Lee ist Jazzpianistin. Die gebürtige Koreanerin, Jahrgang 77, unterrichtet als Dozentin an der Fellbacher Musikschule. Zudem spielt sie in einer Band und hat diverse Auftritte. Am 12. April spielt sie auf Einladung der Kulturgemeinschaft mit Kati Brien, Theo Balbig und Hans Fickelscher. „Double – Jazz am Samstagabend“ ist die Veranstaltung überschrieben.
Frau Lee, die Nachbarin war schuld. Deren Spiel brachte Ihre Mutter auf die Idee, dass Sie Klavier lernen könnten. War das Schicksal?
Nennen wir es einen glücklichen Zufall. Ich mag das Instrument und das Musizieren wirklich gern und bin froh, dass ich dazu gekommen bin und davon leben kann. Aber wer weiß: Wenn die Nachbarin damals in meinem Elternhaus Geige gespielt hätte, vielleicht wäre dann auch das meine Leidenschaft geworden. Das ist schwer zu sagen.
Sie konnten bereits als Dreijährige beidhändig spielen. Hatten Sie als Naturtalent auch einmal Schwierigkeiten mit dem Instrument?
Ich denke nicht, dass ich ein Naturtalent war. Es war wohl eher so, dass ich als kleines Kind noch nicht so komplizierte und anspruchsvolle Notenläufe zum Spielen bekam. Außerdem hat es mir einfach von Anfang an Spaß gemacht, weil mir das Klavier liegt. Dafür war ich aber im Sport immer schlecht.
Als 16-Jährige ist Ihnen alles zu viel geworden. Wie halten Sie als Dozentin Ihre Schüler bei Laune?
Ja, damals wurde der Druck zu groß. Weil ich das kenne, habe ich mir gesagt, so gehe ich mit meinen Schülern nicht um. Ich überfordere sie nicht. Andererseits will ich ihnen ja auch was beibringen. Das heißt, ich kann beziehungsweise muss schon auch streng sein. Es ist ein Balanceakt. Manche Kinder können das gut vertragen und brauchen es, andere gar nicht. Das ist individuell ganz unterschiedlich. Aber das wichtigste ist es, den Spaß an der Musik zu vermitteln, weil Musik so eine elementare Rolle für die Entwicklung junger Menschen spielt.
Eine CD von Miles Davis brachte Sie damals zur Musik zurück. Inwiefern?
Ja, genau. Die CD bekam ich zum Geburtstag geschenkt und es war wie eine Offenbarung. Es war mein erster Kontakt mit Jazz und mit Improvisation. Das Wort kannte ich davor nicht. Ich glaube, noch nicht mal in meiner Muttersprache koreanisch. Das war eine ganz neue Welt, in die ich voll eingetaucht bin. Und lustigerweise hat mich dann der Jazz auch wieder an die klassische Musik herangebracht. Früher habe ich sie gespielt, aber nicht verstanden. Mittlerweile habe ich wieder mehr das Bedürfnis, klassische Musik zu spielen, weil sie mich berührt.
Es heißt, dass Sie gerne spazieren gehen. Können Sie auch beim Improvisieren den Kopf frei kriegen?
Genau das ist die Kunst. Daran, mitten drin Luft holen zu können, arbeite ich bis heute. Wenn man den Kopf nicht frei hat, fallen einem keine guten Improvisationen ein. Mein Ziel ist es, so zu spielen, dass ich nicht angestrengt bin, sondern gute Ideen entwickeln kann.
Treuer Weggefährte ist Ihr Hund Bap. Spielt der Name auf die Kölner Band an?
Nein, überhaupt nicht. Weil ich nicht in Deutschland aufgewachsen bin, hat mir die Gruppe gar nichts gesagt. Bap heißt im Koreanischen Reis. Das bezieht sich darauf, dass man in meiner Heimat statt „wie geht’s“ „haben Sie schon gegessen“ fragt. Außerdem wollte ich einen Hundenamen, den man hier aussprechen kann.
Zu Ihren Hobbys zählt auch Kochen, oder?
Ich liebe es zu kochen und zu essen. Dabei probiere ich auch gern Neues aus. Nur an Linsen und selbst gemachte Spätzle habe ich mich noch nicht ran getraut.
Kochen hat ja auch viel mit Improvisieren zu tun. Warum ist Ihnen das so wichtig? Engen Sie feste Vorgaben ein?
Ja, Sie haben recht, da gibt es starke Überschneidungen. Ich denke, ich bin einfach risikofreudig. Backen ist deshalb auch gar nicht mein Ding. Da muss man sich ganz genau an die Vorgaben halten: Zwei Teelöffel Salz, 150 Gramm Mehl. Das bin nicht ich, das ist wohl eine Typsache.
Erinnern Sie sich noch an Ihren ersten Auftritt?
Das war im Kindergarten. Ich hatte ein Prinzessinenkleid an. Und später an der Schule für Musikbegabte mussten wir zweimal pro Semester ein richtiges Konzert geben. Ich war so nervös, dass ich Angst hatte, die Zuschauer könnten hören, wie ich zittere. Heute, beim Jazz Spielen, habe ich das nur noch selten. Da ist der Druck nicht so groß, sondern es geht einfach um den Spaß am Spielen gemeinsam mit den anderen Musikern, was mir sehr wichtig ist.
Es heißt, Sie seien ehrgeizig und würden sich nicht auf Ihren Lorbeeren ausruhen. Was sind Ihre nächsten Ziele?
Es sind dieses Jahr noch zwei CD-Produktionen geplant. Zum einen „Geenius Monday Vol.2“, zum anderen eine Produktion mit dem „Frank Kuruc Quartett“. Und wir spielen nach wie vor am ersten und dritten Montag eines Monats im Jazzclub Kiste in Stuttgart.