Doppelten Geburtstag feierte der 40 Jahre alt gewordene Städtepartnerschaftsverein wegen der seit 25 Jahren bestehenden Verbindung Fellbach-Meißen.

Fellbach - Festvorträge, das weiß auch Konrad Felber, müssen sich nicht zwangsläufig in das Gedächtnis der Zuhörer einbrennen. Deshalb setzte der Leiter des Dresdner Ablegers der Stasi-Unterlagenbehörde am Sonntag auf eine stimmige Mischung von Fakten und Kuriositäten aus dem Fundus der Staatssicherheit. Eine solche Kuriosität hatte er sogar in gegenständlicher Form ins Fellbacher Rathaus geschleppt: eine Gießkanne mit eingebauter Überwachungskamera.

 

DDR-Führung beobachtet Verbindung Fellbach-Meißen kritisch

Wie die deutsch-deutschen Städtepartnerschaften ins Visier von SED und Staatssicherheit gelangt sind, berichtete der 58-Jährige anlässlich einer Matinee zum 40. Geburtstag des Städtepartnerschaftsvereins und der seit 25 Jahren bestehenden Verbindung von Fellbach mit Meißen. Eine Verbindung, die seitens der DDR-Führung offenbar mit höchstem Einsatz und größtem Misstrauen beobachtet worden ist. So erhielt der damalige Meißener Bürgermeister Klaus Däumer genaue Anweisungen, zu welchen Themen er besser zu schweigen habe. Problematisch war die seit 1986 von Friedrich-Wilhelm Kiel maßgeblich vorangetriebene Partnerschaft auch für die Abteilung Postverkehr der Stasi: Sie geriet an ihre Kapazitätsgrenze.

Im Stasi-Archiv: Berichterstattung des Fellbacher Stadtanzeigers

Grenzenlos erscheint dagegen die Sammelwut der staatlichen Schnüffler. Unter der Paginiernummer 0034 lagert in Dresden etwa ein antiquierter Fellbacher Stadtplan, der Konrad Felber gute Dienste beim Weg ins Rathaus leistete. Umfangreich dokumentiert ist in den Stasi-Archiven zudem die Berichterstattung des Fellbacher Stadtanzeigers über deutsch-deutsche Veranstaltungen. Wer sich darüber jedoch allzu positiv äußerte, war schnell von weiteren Besuchen ausgeschlossen. Das belegte Konrad Felber am Beispiel einer Meißenerin, die nach einem Besuch in Fellbach „umfassend operativ aufgeklärt“ und von weiteren Veranstaltungen ausgeschlossen wurde.

OB Palm betont die positive Entwicklung der Städtepartnerschaft

In seinem Grußwort wies Fellbachs Oberbürgermeister Christoph Palm auf die positive Entwicklung der Städtepartnerschaft hin. Nachdem zunächst der Wissens- und Finanztransfer eher einseitig gewesen sei, bestehe inzwischen „eine Beziehung auf Augenhöhe.“ Er würdigte dabei die gute Arbeit des Städtepartnerschaftsvereins: „Es braucht Menschen, die Fleisch an die Knochen bringen“, sagte Palm, denn die Stadt könne nur das Skelett einer Partnerschaft bieten. Im Hinblick auf die oft vereinfachend als Stasi-Jäger bezeichnete Gauck-Behörde sagte Christoph Palm es gelte insbesondere „den Opfern ihre persönliche und menschliche Würde“ zurückzugeben.

Filmemacher Kuhnle hält die Matinee mit der Kamera fest

Michael Schwarz, der Vorsitzende des Städtepartnerschaftsvereins, betonte dass auch durch die kommunalen Verbindungen Europa „in vielen Bereichen zusammengewachsen“ sei. Gerade die vor der Wende begründete Partnerschaft mit Meißen sei „damals ein spektakulärer Vorgang gewesen.“ Er dankte gleichzeitig Wolfram Kögler, dem Ende April in den Ruhestand gehenden städtischen Beauftragten für die Partnerschaften. Dessen Nachfolgerin wird Cornelia Bloch.

Die musikalisch von Tobias Escher am Akkordeon und von Li Tiang Long mit der Mundharmonika umrahmte Matinee hielt der Fellbacher Filmemacher Herbert Kuhnle mit seiner Kamera dokumentarisch fest. Seine Bilder dürfte deutlich aussagekräftiger sein, als die von der Stasi per Gießkannen-Kamera aufgenommenen Bilder: Auf ihnen sind von fast alle Personen nur die Beine zu sehen.