Wegen mangelnder Gelder droht einigen Stuttgarter Waldheimen das Aus. Ein Problem, das die Politik angehen muss, fordert der katholische Stadtdekan Christian Hermes. Wie steht es wirklich um die Zukunft der beliebten Ferieneinrichtungen für Kinder?

Lokales: Mathias Bury (ury)

Stuttgart - Der katholische Stadtdekan Christian Hermes will eine öffentliche Diskussion über die Zukunft der Stuttgarter Waldheime führen. Weil die Nutzung der Einrichtungen heute sehr eng begrenzt sei, müssten viele der Gebäude für die wenigen Wochen im Jahr, während denen Ferienfreizeiten für Kinder stattfinden, in Schuss gehalten werden. Dies sei für die betroffenen Kirchengemeinden nicht mehr tragbar, sagt der Stadtdekan. „Dieses strukturelle Problem muss die Politik angehen“, fordert Christian Hermes.

 

Erst vor drei Wochen ist bekannt geworden, dass die evangelische Kirche, die 18 der insgesamt 33 Stuttgarter Waldheime betreibt, die Einrichtung auf dem Frauenkopf schließen wird. Die Begründung: die etwa zwei Millionen Euro teure Sanierung wäre wirtschaftlich nur dann vertretbar, wenn eine ganzjährige Nutzung der maroden Gebäude möglich wäre.

Jedes Jahr ein fünfstelliges Defizit

Diese Nachricht hat der katholische Stadtdekan zum Anlass genommen, auch auf die Lage der acht katholischen Waldheime aufmerksam zu machen. „Ohne erweiterte Nutzungsmöglichkeiten sind viele Ferienwaldheime nicht überlebensfähig“, warnt Christian Hermes. Beispiele für die „bedrohliche Situation“ seien die Waldheime Gallenklinge in Botnang und Lerchenheide in Bad Cannstatt. Die Einrichtung in Botnang beschere der dortigen Kirchengemeinde jedes Jahr ein fünfstelliges Defizit, sobald größere Investitionen notwendig würden, müsste diese geschlossen werden, weil die Gemeinde das Geld dafür nicht habe. Dabei liege eine Machbarkeitsstudie vor, dass man das Waldheim durch die Weiterentwicklung zu einer „Naturkita“ erhalten könnte. „Das wäre eine tolle Sache“, sagt der Stadtdekan. Aber von Seiten der Stadt „tut sich nichts“.

Im Waldheim Lerchenhain in Bad Cannstatt betreibe man zwar seit zehn Jahren eine Kita, wodurch der Waldheimbetrieb gesichert werde, die Stadt habe dafür aber bis heute keine baurechtlich verbindliche Grundlage geschaffen. „In eine nur geduldete Kita können wir aber nicht investieren“, erklärt der Stadtdekan.

Zweifel am politischen Willen der Stadt

Christian Hermes erkennt an, dass es in diesen Fragen immer wieder Gespräche und Briefwechsel gegeben habe, er beklagt gleichzeitig aber auch: „In der Sache ist nicht wirklich Weiterführendes unternommen worden.“ Hermes hat den Eindruck, dass es bei der Stadt am politischen Willen mangelt, die drängenden baurechtlichen und nutzungsrechtlichen Fragen zu klären. In einem Brief an Oberbürgermeister Kuhn und an die Gemeinderatsfraktionen hat der katholische Stadtdekan die „prekäre Lage“ nun nochmals geschildert und eine Änderung der Rahmenbedingungen gefordert.

Für zwei der vier Awo-Einrichtung eine Ganzjahreslösung

Ein Sprecher der Stadt erklärte dazu, man sei mit den Kirchen über die Zukunft der Ferienwaldheime und über die Frage, wie diese für Stuttgarts Kinder erhalten können, im Gespräch. Dabei werde geprüft, unter welchen Voraussetzungen die Gebäude anderweitig zu nutzen wären. Kosten und Nutzen müssten aber vereinbar sein, die Gebäude zwingend den Vorgaben des Baurechts entsprechen.

Dass Waldheime, die nicht ganzjährig etwa durch die Verpachtung an einen Gaststättenbetreiber genutzt werden können, „immer defizitär sind“, bestätigt Georg Ceschan von der Arbeiterwohlfahrt (Awo). „Da muss man dann Eigenmittel reinstecken, das ist ein Problem.“ Für zwei der vier Awo-Einrichtung habe man aber eine Ganzjahreslösung gefunden. Bei den beiden anderen habe sich gezeigt, dass sie sich wegen der ungünstigen Lage und wegen des baulichen Zustands nicht als Kitas eigneten. „Wir machen die Waldheime aber weiter“, sagt Georg Ceschan.

Ins Waldheim Sonnenwinkel kommt eine Kita

Das will auch der katholische Stadtdekan Christian Hermes. Für ihn aber stelle sich die Frage: „In welcher Form will die Politik die Waldheime haben?“

Die evangelische Kirche, die in den vergangenen Jahren 15 Millionen Euro in die Sanierung von Waldheimen gesteckt hat, kann nach der beschlossenen Schließung der Einrichtung am Frauenkopf auch Positives vermelden. So kann im Waldheim Sonnenwinkel im Dachswald eine Kita betrieben werden. Auch beim Waldheim Feuerbacher Tal sei man auf gutem Weg, sagt der Kirchenpfleger Hermann Beck. Grundsätzlich findet er aber, „dass die Gebäude nicht das Wichtigste sind, sondern die Arbeit“. Beck kann sich für die Freizeiten auch Kooperationen mit Vereinen vorstellen, wie im Osten mit dem SV Gablenberg, oder mit Schulen. Beck: „Man kann für ein paar Wochen auch mal ein Zelt aufstellen.“