Vizepräsident Joe Biden hat für Barack Obama eine Atempause errungen. Im direkten Duell gegen den republikanischen Vizepräsidentschaftskandiaten Paul Ryan demonstrierte er den Biss, den Obama vor einer Woche vermissen lassen.

Stadtentwicklung & Infrastruktur: Andreas Geldner (age)

Washington - Vizepräsident Joe Biden hat für Barack Obama eine Atempause bis zur zweiten Präsidentschaftdebatte am kommenden Dienstag errungen. Im einzigen direkten Duell gegen den republikanischen Vizepräsidentschaftskandidaten Paul Ryan demonstrierte er den Biss, den Barack Obama vor einer Woche in Denver gegen seinen Herausforderer Mitt Romney hatte vermissen lassen.

 

Doch auch die Republikaner zeigten sich mit dem Debattenauftritt des 42-jährigen Ryan gegen den 69-jährigen Politikveteranen Biden zufrieden. Der Republikaner wurde seinem Ruf als gut vorbereiteter und souverän mit Zahlen jonglierender Politikexperte gerecht. Die US-Medien werteten das Duell als Unentschieden, bei dem beiden Kandidaten gelungen sei, die eigene Basis zu motivieren. Intensiver als erwartet kreiste das Streitgespräch um außenpolitische Themen. Obamas Vize betonte, dass das Abzugsdatum der US-Truppen und ihrer Alliierten in Afghanistan unverrückbar sei.

Einigkeit beim Abzug aus Afghanistan

„Wir gehen im Jahr 2014. Punkt. Und damit werden wir in den nächsten zehn Jahren noch einmal 800 Milliarden Dollar sparen.“ Amerika könne nicht endlos die Sicherheit für die Afghanen garantieren: „Es ist deren Verantwortung, nicht unsere.“ Ryan äußerste sich hier und bei den Fragen nach einem härteren Vorgehen in Syrien und im Iran abgewogen. „Wir stimmen mit der Regierung und deren Zeitplan für den Abzug im Jahr 2014 überein“, sagte Ryan über Afghanistan. Er warf Obama zwar Schwäche vor, unter anderem weil er zu lange auf die UN-Vermittlung im syrischen Bürgerkrieg gesetzt habe und in der Iranfrage die Solidarität mit Israel in Frage stelle. Der Republikaner bemühte sich aber, das Bild von Mitt Romney als außenpolitischem Falken zu relativieren.

Ryan besser aufgestellt als Sarah Palin

Besonders beim Thema Außenpolitik, bei dem Ryan selbst afghanische Grenzprovinzen souverän aufzählte, war der Kontrast zu Vizepräsidentschaftsdebatte 2008 markant. Die damalige republikanische Kandidatin Sarah Palin hatte bei solchen Fragen geschwächelt. Ryan hingegen ließ keinen Zweifel daran aufkommen, dass er notfalls in die Rolle des Präsidenten schlüpfen könnte.

Das Gespenst der weitgehend von der Bildfläche verschwundenen Ex-Gouverneurin aus Alaska bemühte Joe Biden, der 2008 die Debatte gegen Palin klar gewonnen hatte, nur ein einziges Mal. Er warf Ryan vor, deren Legende der angeblichen „Todesgremien“ aufzuwärmen, welche im Rahmen von Obamas Gesundheitsreform angeblich die medizinische Versorgung für ältere Menschen rationieren sollten.

Harte Gegensätze in der Steuerpolitik

Hart prallten die Gegensätze in der Steuer- und Sozialpolitik aufeinander, wo Biden die Konter ritt, welche Barack Obama gegen Romney versäumt hatte. Die Republikaner wollten die verfehlte Steuerpolitik von George W. Bush zu Gunsten der reichen Amerikaner fortschreiben, sagte Biden: „Sie machen Druck, damit eine Steuersenkung in Kraft bleibt, die 120.000 Familien noch einmal 500 Milliarden an Steuererleichterungen gibt. Und sie nehmen die Mittelklasse zur Geisel, weil sie sagen, dass sie deren Steuererleichterungen nicht fortschreiben werden, wenn man nicht den Superreichen Steuerrabatt gibt.“

Ryan warf den Demokraten vor, diejenigen zu knebeln, die Arbeitsplätze schaffen könnnten. Die Bilanz dieser Politik sei miserabel: „Das Wachstum an Arbeitsplätzen war im September langsamer als im August – und im August war es langsamer als im July. Wir bewegen uns in die falsche Richtung.“ Erbittert stritten sich die beiden Kandidaten, ob Romneys Pläne für niedrigere Steuersätze, die er durch das Ende von Subventionen und Steuerschlupflöchern gegenfinanzieren will, für Durchschnittsamerikaner bedeuten. „Man kann die Steuersätze um zwanzig Prozent kürzen und dennoch diese wichtigen Steuervorteile für die Mittelschicht belassen“, sagte Ryan, der von Biden ungewöhnlich oft und aggressiv unterbrochen wurde.

Hoffnung für Obama

Für Barack Obama waren Bidens eher auf die demokratische Basis, als auf unentschiedene Wähler zielenden Emotionen überlebenswichtig. Noch nie ist nämlich ein Präsidentschaftskandidat so deutlich bei einer Debatte geschlagen worden wie der US-Präsident in Denver. 72 Prozent der Fernsehzuschauer sahen laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinsitituts Gallup seinen Herausforderer Mitt Romney als Gewinner. Nur 20 Prozent glaubten das vom Präsidenten. In den landesweiten Umfragen ist Obamas Einbruch erst kurz vor der Vizepräsidentschaftsdebatte gestoppt worden.

Zurzeit hat Romney laut dem vom Informationsportal Realclearpolitics erfassten Umfragedurchschnitt einen Vorsprung von 47,1 zu 46,4 Prozent. Neueste Meinungsumfragen in Schlüsselstaaten geben den Demokraten allerdings etwas Hoffnung. Vor allem im entscheidenden Bundesstaat Ohio konnte Obama einen knappen Vorsprung von 1,3 Prozentpunkten halten.