Rund 300 Gäste feierten am Freitagabend mit dem Stuttgarter OB Fritz Kuhn dessen 60. Geburtstag. Sein Stellvertreter Michael Föll nannte ihn einen „Brückenbauer in einer durch Stuttgart 21 gespaltenen Stadtgesellschaft“.
Stuttgart - Es mag kühlere Orte in Stuttgart geben, aber keinen schöneren Anlass. Mit diesen Worten hat der Erste Bürgermeister Michael Föll (CDU) am Freitag den Festakt zum 60. Geburtstag von OB Fritz Kuhn (Grüne) eröffnet. Etwa 300 Gäste waren gekommen, um dem ehemaligen Bundes- und Landespolitiker zu gratulieren, der seit zweieinhalb Jahren die Geschäfte im Stuttgarter Rathaus führt.
Geschenke gab es auch: Die Bürgermeisterriege wird ihm einen Ahornbaum im Park der Villa Berg spendieren. CDU-Fraktionschef Alexander Kotz überreichte im Namen des Gemeinderats der OB-Gattin Waltraud Ulshöfer einen Scheck für ihre tolle Slow-Mobil-Aktion, Kindern an Kitas und Schulen mit einer Liveküche für gesunde Ernährung zu begeistern. Im Foyer tanzten Marionetten aus den Wagenhallen. Es spielte das Ensemble „Kind of Stuttgart“. Durchs Programm führte Dominik Kuhn alias Dodokay, der den Namensvetter in seinen schwäbischen Synchronisationen gerne als „Orgelspieler“ veräppelt.
Respektloser Jungspund gegen Cleverle Späth
Herausragend: die „Konserve“ der „Elefantenrunde“ von 1984, nachdem Kuhn in den Landtag eingezogen war. „Da muss ich den Grünen zustimmen, obwohl ich sie ablehne“, hörte man Lothar Späth sagen, dem ein „respektloser Jungspund“ Paroli bot. Köstlich: Kuhn ließ sich auch nicht von der Bedienung stören, die durchs Bild lief, um Trollinger nachzuschenken.
Verdächtig viel schwarz-grüne Politikprominenz klopfte sich auf die Schenkel und Schultern. Das muss nicht verwundern. Hatte der bekennende Wertkonservative doch schon 1987 überlegt, ob man nicht durch eine zeitweilige Tolerierung in wechselnden Mehrheiten eine mögliche CDU-Minderheitsregierung nach 1988 unterstützen könnte, um mehr für die Grünen herauszuschlagen. Die SPD kam nur im Rückblick vor. Kuhns Politiklaufbahn hat als Juso begonnen. Weggefährten waren da wie etwa Claudia Roth, die er seit der Jugend in Memmingen kennt und mit ihm einst die Doppelspitze bei den Bundes-Grünen bildete; der aktuelle Parteichef Cem Özdemir; die OB-Kollegen Dieter Salomon aus Freiburg und Boris Palmer aus Tübingen, der auf dem Flur prompt auf die S-21-Schlichtungsgegner Wolfgang Schuster und Bahn-Vorstand Volker Kefer traf.
Kretschmann würdigt den Jubilar
Winfried Kretschmann hielt die Laudatio. Der Ministerpräsident schwelgte in Erinnerungen, würdigte den Parteifreund als Ausnahmetalent mit Führungsqualitäten, vor allem aber als Quer- und Vordenker, der Wirtschafts- und Technologiepolitik für wesentlich erachtete, als die Parteifreunde dies noch für Teufelszeug gehalten hatten. Kretschmann dankte für die fremdenfreundliche Politik und hob die Bemühungen in der Feinstaubbekämpfung hervor. Mit einem Verweis auf Hillary Clinton, die im Alter von 67 Jahren Präsidentin werden will, spielte der Ministerpräsident auf die Absicht der Regierung an, die Altersgrenze für Bürgermeister anzuheben – Kuhn könnte dann bei einer Wiederwahl weitere sieben Jahre OB sein. Der Politfuchs ließ sich zum Thema Mehrarbeit aber keinen Hinweis abringen. Nur soviel: „Ich verspreche, dass ich mich fit halte.“
Lobende Worte fand auch Kuhns Stellvertreter Michael Föll. Er attestierte seinem Dienstvorgesetzten eine stolze Zwischenbilanz. Kuhn sei ein „Brückenbauer in einer durch Stuttgart 21 gespaltenen Stadtgesellschaft“. Sein Versuch, den Bayern-Fan von Kindesbeinen an emotional an den VfB zu binden, war allerdings zum Scheitern verurteilt. Für die Wasenkicker hatte Kuhn aber einen kostenlosen Expertentipp: „Verkauft nicht alle jungen Spieler, die ihr für teures Geld ausgebildet habt.“
Kuhn erinnerte mit dem Zitat: „Es ist fast zu viel der Ehre, aber ich habe mich dennoch saumäßig gefreut“, an seinen Vorvorgänger Manfred Rommel. Der hätte sich über die Ode an die Demokratie seines Nachnachfolgers sicher sehr gefreut. Nur kurz ließ der Jubilar den Blick über seine Stadt streifen: Er freue sich jetzt schon auf die Bürgerbeteiligung für das Rosensteinviertel und die Villa Berg.