Zum Auftakt des Leonberger Sommerfestivals begeistert und fasziniert das Söhne Mannheims Jazz Department gleichermaßen.

Leonberg - Es sind die vermeintlichen Kleinigkeiten, die große Probleme bereiten können. Dass es ausgerechnet zum Auftakt von Leonpalooza zu regnen beginnt, ist nicht nur für das Publikum auf dem Leonberger Bürgerplatz misslich. Die Festivalmacher wiederum haben schon den Folgeabend im Blick: Und sollten dann die Sitzkissen noch nass sein, wäre es äußert schlecht.

 

Der Leonberger Veranstaltungschef Nils Strassburg verwirft seine Ursprungsidee, die Band erst später auftreten zu lassen, und das Publikum so lange mit einem Glas im Foyer der Stadthalle bei Laune zu halten. Stattdessen verteilt die Citymanagerin Nadja Reichert, die gemeinsam mit Strassburg im Hintergrund die Fäden zieht, eifrig Regencapes. Die Leute sollen sitzen bleiben: So bleiben die Kissen am ehesten trocken.

Geniales Konzept

Die Organisatoren liegen mit ihrer Entscheidung richtig. Ein Drink im Trockenen ist als Stimmungsaufheller nicht nötig. Spätestens als kurz nach acht das Jazz Department der Söhne Mannheims auf die Bühne kommt, spürt niemand mehr den Regen. Die Sängerin Phalleé und ihre vier Mitspieler lassen von Anfang an musikalisch wie emotional die Sonne aufgehen.

Als ihr Kind bezeichnen die Söhne Mannheims das Jazz Department. Das Konzept ist naheliegend wie genial: Söhne-Klassiker werden neu interpretiert.Für das Debütalbum hat Bassist Edward Maclean Hochkaräter aus der Band um sich geschart , die auch in der deutschen Jazzszene aktiv sind: Gitarrist Michael „Kosho“ Koschorreck, Schlagzeuger Ralf Gustke und Ulf Kleiner am Piano. Und natürlich Söhne-Sänger Michael Klimas und Phalleé, die bürgerlich Stephanie Neigel heißt und auch aus der Rhein-Neckar-Region stammt.

Unglaubliche musikalische Kompetenz

Die schlägt das gut aufgelegte Leonberger Publikum mit ihrer glasklaren Stimme sofort in ihren Bann. Natürlich mit den bekannten Songs der Söhne Mannheims – „Das hat die Welt noch nicht gesehen“ oder „Volle Kraft voraus“ – aber auch etlichen neuen Titeln, die das Söhne Mannheim Jazz Department auf dem ersten Album, entstanden während Corona, präsentiert.

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Das Faszinierende ist die unglaubliche musikalische Kompetenz der Band, die auf der Bühne steht. Ältere im Publikum fühlen sich an die Hochzeiten des Jazzrock in den frühen Achtzigern erinnert. Der Bassist Edward Maclean erinnert tatsächlich optisch ein wenig an den legendären Stanley Clarke, besonders wenn er die Saiten des Elektro-Stehbass zupft.

Phalleés Lufttrompete

Doch das Jazz Department der Mannheimer ist keine nostalgische Reminiszenz an alte Zeiten. Die Projektband hat ihren eigenen Stil: verspielt, verträumt, verzückend fast. Dann wieder dynamisch, eruptiv. Schlagzeuger Ralf Gustke ist ein filigraner Treiber. Keyboarder Sascha Stiehler, der neu in die Band eingestiegen ist, fliegt mit südamerikanischer Leichtigkeit über seine Tasten. Und natürlich das Gesangsduo: Phalleé und Michael Klimas verschmelzen förmlich in ihren Duetten. Die junge Frau mit schwarzem Hut braucht keine Worte, wenn sie in „Deine Waffe ist die Liebe“ mit einem Vokalsolo brilliert. „Das ist meine Lufttrompete“, meint sie hernach mit Augenzwinkern.

Die Leonberger feiern dieses sympathisch auftretende Ensemble und lassen es erst nach drei Zugaben von der Bühne. Phalleé weiß, dass es nicht nur die Kunst ist, die die Seele heilt: „Ohne die Menschen, die mit großem Engagement und gegen alle Widrigkeiten solche Veranstaltungen auf die Beine stellen, ginge nichts“, sagt sie an die Adresse von Nils Strassburg, der mit seinem Team in den vergangenen Wochen oft rund um die Uhr im Einsatz war, um wieder das auf die Beine zu stellen, was vor einem Jahr die pandemiebedingte Schockstarre aufgebrochen hatte: Ein Festival, das Nähe, Abstand und Kulturgenuss gleichermaßen vereint.

Schöne Alternative zum Einkaufsstress

Wenn es an diesem Samstag vor der Stadthalle weitergeht, dürfte sich das eingangs erwähnte Sitzkissen-Thema erledigt haben. Der Sommer kommt irgendwie doch. Der Besuch der Late-Night-Show zur Mittagszeit um 13 Uhr mit dem erfrischenden Entertainer und Sänger Roland Baisch ist also eine mehr als empfehlenswerte Alternative zum allsamstäglichen Einkaufsstress. Um 20 Uhr tritt Leslie Clio auf, die das Image der chartstürmenden Newcomerin längst gegen das der gestandenen Sängerin getauscht hat.

Das weitere Leonpalooza-Programm

17. Juli – 13 Uhr High Noon – Die Late Night Early Morning Show mit Roland Baisch & Gästen u.a. Suchtpotenzial, Roberto Capitoni und weitere

17. Juli – 20 Uhr Leslie Clio

18. Juli – 14 Uhr Kid Clio – das Konzert für Kids

18. Juli – 20 Uhr Sago Song Salon mit Heinz Rudolf Kunze & Pe Werner

19. Juli – 20 Uhr Florian Schroeder

20. Juli – 20 Uhr Ben Becker

21. Juli – 20 Uhr Spider Murphy Gang

22. Juli – 21 Uhr Die Stuttgart Burlesque Revue

23. Juli – 20 Uhr Naturally 7

24.07.2021 – 13 Uhr High Noon – Die Late Night Early Morning Show mit Roland Baisch & Gästen u.a. Hans-Hermann Thielke und weiteren

24. Juli – 20 Uhr Gil Ofarim

25. Juli – 14 Uhr Café del SOL – Sinfonieorchester Leonberg

25. Juli – 20 Uhr Cassandra Steen

Tickets
Gibt es im Internet auf https://leonpalooza.de/