Nach einem Großbrand in einer Tiefgarage müssen die Bewohner von zehn Wohnungen in Stuttgart-Neugereut vorübergehend in Hotels schlafen. Nach Beratungen mit einem Statiker sperrten die Behörden eines der Wohnhäuser, die über der Garage stehen.

Lokales: Christine Bilger (ceb)

Stuttgart - Im Wildgansweg hat das neue Jahr mit einem Schreck begonnen. Gegen 1.30 Uhr bemerkte ein Anwohner, der von einem Bekannten nach Hause gebracht wurde, in der Tiefgarage Rauch und rief die Feuerwehr. Der Brand in dem Parkhaus unter einer Anlage mit 120 Wohnungen zerstörte mindestens zehn Fahrzeuge. Die Bewohner aus zwei großen Gebäudekomplexen mussten in Sicherheit gebracht werden. 40 Personen erlitten Rauchgasvergiftungen, zehn von ihnen mussten stationär im Krankenhaus behandelt werden. Die Feuerwehr bekämpfte den Brand mit einem Großaufgebot von rund 160 Kräften. Gegen 5 Uhr konnte sie erst Entwarnung geben, nach mehr als drei Stunden war das Feuer aus.

 

40 Personen erleiden Rauchgasvergiftungen

Weil der Rauch aus der Garage in die darüberliegenden Reihenhäuser und ein Hochhaus zog, wurden die Gebäude evakuiert. Die Rettungskräfte brachten die 120 Menschen vorübergehenden in einer Turnhalle unter. Die meisten von ihnen konnten am Morgen wieder in ihre Wohnungen zurückkehren. Eines der evakuierten Häuser blieb jedoch gesperrt. Ein von der Feuerwehr beauftragter Statiker hatte das Gebäude untersucht und konnte vorerst keine Entwarnung geben. „Da von der Decke der Tiefgarage unter dem Haus Material abgeplatzt ist, müssen wir erst noch weitere Untersuchungen abwarten um zu sehen, ob die Standfestigkeit des Gebäudes noch gegeben ist“, sagt Markus Heber, der Sprecher der Stuttgarter Feuerwehr.

Ein Haus mit zehn Wohnungen bleibt gesperrt

Es gibt am Neujahrstag einen Moment, in dem man ahnen kann, wie aufgewühlt die Menschen ihre Wohnungen am Wildgansweg verlassen haben. Eine Frau darf gegen Mittag in ihr Haus. Feuerwehr und Polizei begleiten sie. Vor sich trägt sie eine leicht zerfledderte Topflanze, eng an sich gedrückt, die sie in der Nacht noch schnappte und damit ins Freie ging. Es musste schnell gehen, denn giftiger Rauch zog durch Treppenaufgänge in die Wohnhäuser, daher konnten die Bewohner nur das Nötigste greifen, bevor sie in Sicherheit gebracht wurden. Mit der Topfpflanze in der Hand macht sich die Frau auf den Weg in ihr Zuhause, um ein paar Habseligkeiten zu holen, mit denen sie die Zeit übersteht, bis sie wieder einziehen kann.

Die Mieter der zehn Wohnungen im Haus Wildgansweg 19 zogen am Neujahrstag in ein Hotel. „Falls wir das Haus erst sanieren müssen und die Bewohner nicht gleich zurück können, müssen wir sie in andern Wohnungen unterbringen. Das wird schon zu machen sein“, sagt Jürgen Oelschläger vom Bau- und Wohnungsverein Stuttgart, dem die Häuser gehören. „Wir haben rund 4500 Wohnungen in der ganzen Stadt, da werden sich ein paar leer stehende finden, schlimmstenfalls sind die unmöbliert“, ergänzt Ernst Wuchner, Vorstand des Bau- und Wohnungsvereins.

Nachbarn spekulieren: Sind Silvesterböller die Ursache?

Nach der Brandursache suchen nun die Ermittler der Kriminalpolizei. Ein Ergebnis gab es am Donnerstag noch nicht – nur Spekulationen der Nachbarn. „Vielleicht war es ein Silvesterböller, den jemand hineingeworfen hat“, sagt ein Anwohner, der darauf wartet, zu erfahren, ob sein gerade vier Wochen altes Auto in der Garage noch intakt ist. „Das ist jedes Jahr das gleiche. Immer werden Böller in die Garage und die Treppenabgänge geworfen, weil der Hall den Knall so verstärkt. Das ist schon immer nervig“, sagt der besorgte Autobesitzer. Die Tiefgarage hat eine breite Zufahrt und an jedem Wohnhaus zwei Zugänge: einen direkten durch das Treppenhaus im Gebäude und eine zweite Außentreppe. Die Wände der Aufgänge sind stark verrußt, durch diese war in der Nacht der Qualm schlotartig ins Freie abgezogen.

Mit Angaben zur Schadenshöhe taten sich die Verantwortlichen des Bau- und Wohnungsvereins am Neujahrstag noch schwer. „Das kommt jetzt ganz darauf an, wie Stark die Schäden an der Konstruktion tatsächlich sind. Dazu wird man in den kommenden Tagen erst etwas sagen können“, sagt Jürgen Oelschläger. Es dürfte sich aber voraussichtlich um einen Millionenschaden handeln.