Artur Brauner im Interview: Der 94-Jährige erzählt vom Umgang mit Stars, Kollegen und davon, was es heißt, ein Filmproduzent zu sein, der gleichermaßen Massenware produziert und wie Meisterwerke.

BerlinArtur Brauner lebt in einer schnittigen Villa, ganz anders als die herrschaftlichen Häuser in Berlin-Grunewald. Feine weiße Fliesen bedecken den Boden, sie wechseln sich mit goldenen Kacheln ab, fast wie die Stolpersteine zur Erinnerung an die von Nazis verschleppten Juden, die man auch in Berlin überall sieht. Der 94-Jährige macht die Tür auf. Er sagt: „Haben Sie mir geschrieben, dass Sie kritische Fragen stellen wollen? Ich bin kein Angsthase. Sie sollten vor mir Angst haben! Ich bin fünfmal den Nazimördern entwichen, fünfmal dem sicheren Tod!“
Herr Brauner, Sie haben einmal einen Filmkritiker nach Auschwitz gewünscht, warum?
Das ist missverstanden worden, absolut, da bin ich noch heute böse. Es ging um den Oscarfilm „Schindlers Liste“, den ich ursprünglich selbst machen wollte. Er wurde von der Filmförderung abgelehnt mit dem Argument, ein Film über ein solches Geschehen würde zu kolportagenhaft. Spielberg hat den Film gemacht, Gott sei Dank! Darüber schrieb ein Kritiker eine richtig blöde, eine gemeine, profane Kritik. Ich weiß nicht, wie ich es nennen soll, ich möchte ihn beleidigen. Daraufhin habe ich geschrieben, ich wünschte, er wäre nur eine Woche in Ausschwitz gewesen.

Wie bekommt man die Erinnerung aus dem Kopf?
Die Traumatik wird stärker von Tag zu Tag. Diese Entwürdigung eines Menschen. Das kann man sich nicht vorstellen, welche Bestialitäten sich die Nazis ausgedacht haben. Dass sich die Kinder in der Jauche versteckt haben, das haben Sie gesehen in dem Film „Schindlers Liste“.

Wie haben Sie den Holocaust überlebt?
Mein Vater hat mit deutschen Firmen gearbeitet. Sie haben Skier angefertigt, und mein Vater hat das Holz geliefert, hauptsächlich Buche. Ein deutscher Partner hat gesagt: „Es wird ein Ghetto errichtet werden in Lodz.“ Daraufhin habe ich geantwortet: „Ein Ghetto? Nicht mit mir, ich lasse mich nicht entwürdigen.“ So wie ich Ihnen das sage. So ist das geblieben bis heute.