Das kann nicht gut ausgehen, meint man als Beobachter von außen bei mancher Liebe zu wissen. Dieser exzellente französische Film erzählt von einer Frau, die sich in einen miesen Typen verknallt. Aber Tadel und Besserwisserei kommen hier nicht vor.

Stuttgart - Eine Familie in der französischen Provinz. Die Mutter ist früh gestorben, der Vater Nicolas, ein LKW-Fahrer, kümmert sich liebevoll um seine beiden Töchter Marie und Suzanne, hilft auch bei den Hausaufgaben, so gut er kann, aber die Hauptstadt von dem Land, in dem man Sauerkraut isst, die fällt ihm einfach nicht ein.

 

Nicolas hat auch mal ein Rendezvous, das seine eifersüchtigen Kinder aber torpedieren. Danach begnügt er sich mit der Rolle als Vater. Ganz selbstverständlich schildert die Regisseurin Katell Quillévéré in ihrem exzellenten Film „Die unerschütterliche Liebe der Suzanne“ proletarisches Milieu, wird dabei nie didaktisch oder überheblich, aber auch nie verklärend.

Manchmal kann man halt nichts machen

Die eng miteinander verbundenen Töchter werden groß, die ältere und robuste Marie (Adele Haenel) arbeitet nun als Näherin, die schmale Suzanne (Sara Forestier) als Sekretärin. Erst spät erfährt Nicolas, dass seine Jüngste schwanger ist. Als sie trotzig den Namen des Vaters verschweigt und gleichzeitig erklärt, sie wolle das Kind haben, rutscht ihm die Hand aus. Und dann wird dieses Kind doch vorbehaltlos integriert in die kleine Familie. Vieles erfährt man in diesem episodisch erzählten Film nur indirekt, besser: man erfährt es nicht durch explizite Sätze, sondern durch genaues Hinhören und -sehen.

Immer mitten hinein ins Leben. In dichte und intensive Momente wie jene von der Rennbahn, in der sich Suzannes Blicke mit denen eines jungen Mannes kreuzen. Nein, tu das nicht, möchte man ihr zurufen, dieser Kerl ist labil und kriminell. Aber dann sieht man die beiden auf regennasser Straße, wie sie sich immer wieder umdreht und ihm in die Arme fällt, wie sie sich ineinander verschlingen. Da kann man nichts machen. Und die Geschichte zeigt dann, dass Suzanne tatsächlich nichts machen kann, dass ihre Liebe radikal ist und alles andere verdrängt. Auch die Liebe zu Vater, Schwester und Kind.

Was ist Moral schon gegen ein Gefühl?

Und nun passiert das Ungeheuerliche: Die Regisseurin, die sich inspirieren ließ von Frauen, die mit Verbrechern zusammen waren und bis zum Schluss zu ihnen hielten, lässt ihre Titelheldin nicht fallen. Sie heißt zwar deren zerstörerisches Verhalten nicht gut, aber sie akzeptiert, dass einem großen Gefühl mit Moral nicht beizukommen ist. Wie das alles endet? Mit Leonard Cohens Song „Suzanne“, sehr eigenwillig interpretiert von Nina Simone.

Die unerschütterliche Liebe der Suzanne. Frankreich 2012. Regie: Katell Quillévéré. Mit Sara Forestier, Francois Damiens. 94 Minuten. Ab 12 Jahren.