Die Handlung ist dünn in Ben Falcones Komödie über eine Geschäftsfrau, die leider nicht ruchlos sein darf, sondern für ihren Erfolg vom Drehbuch entschuldigt und therapiert wird.

Stuttgart - Melissa McCarthy ist eine komödiantische Naturgewalt und hat seit „Brautalarm“ bewiesen, dass sie schauspielerische Aufgaben in diesem Bereich furchtlos in Angriff nimmt. In Ben Falcones „The Boss“ spielt sie nun die supererfolgreiche Geschäftsfrau Michelle Darnell, die sich vom armen Waisenkind auf Platz 47 der reichsten Frauen Amerikas hochgearbeitet hat. Mit ihren spektakulären Motivations-Events füllt sie ganze Stadthallen.

 

Aber kaum ist die Figur als Business-Vollweib flüchtig charakterisiert, wird sie auch schon vom Sockel gestürzt. Wegen Insider-Handel landet Michelle für ein paar Monate im Knast und ist danach finanziell ruiniert. Weil sie sich als Geschäftsfrau keine Freunde gemacht hat, bleibt ihr nur ihre frühere Assistentin Claire (Kristen Bell), bei der sie sich zum Couch-Surfen einlädt. Als sie Claires Tochter zum Treffen einer pfadfinderähnlichen Vereinigung begleitet, kommt ihr eine neue Geschäftsidee. Statt Kekse für wohltätige Zwecke in der Nachbarschaft zu verkaufen, soll das Netzwerk einem kapitalistisch orientierten Brownie-Handel dienen, dessen Gewinnbeteiligung den Mädchen die spätere College-Ausbildung finanzieren könnte.

Die Story ist dünn wie Wassersuppe, aber schließlich muss nicht jede Komödie über einen raffinierten Plot verfügen. Oft reicht auch die Dynamik eines gut komponierten Gag-Feuerwerks, wovon „The Boss“ mit einer bescheidenen Reihe lose verbundener Humor-Treffer allerdings weit entfernt ist. Am schwersten wiegt jedoch die indifferente Haltung, die der Film zu seiner Protagonistin einnimmt. Statt endlich einmal, wie es Titel und Plakat suggerieren, eine ruchlose Karrierefrau ohne Reue im Krawattenträger-Kapitalismus wüten zu lassen, wird die Figur einem biederen Läuterungsprozess unterzogen. Nach küchenpsychologischer Aufarbeitung muss die Marktwirtschafts-Amazone zu einem gefühlvollen und bindungsfähigen Wesen heranreifen. Dass eine Frau Karriere macht, ohne dafür vom Drehbuch entschuldigt und therapiert zu werden, scheint in Hollywood nicht einmal auf dem Terrain der Komödie möglich zu sein.

The Boss. USA 2016. Regie: Ben Falcone. Mit Melissa McCarthy, Kristen Bell, Peter Dinklage. 99 Minuten. Ab 12 Jahren.