"Ja, da wird ja auch so eine Tür hinter dem Bürgertum geöffnet", sagt Katja Riemann. Sie empfand die Frauenfigur, die sie zu spielen hatte, als sehr facettenreich und widersprüchlich. "Ira hat ja durchaus melancholische Züge, aber auch eine hohe mentale Kraft." Im Umgang mit ihrem Vater, dem sie versuche, alles recht zu machen, um endlich eine geliebte Tochter zu werden, müsse sie erfahren, dass Liebe sichnicht zwingen lässt. "In der Feinstofflichkeit zu schauen, was da eigentlich schmerzt, war eine große schauspielerische Herausforderung", sagt sie.

Trotz ihrer eigentlich traurigen Kindheitsgeschichte, die im Laufe des Films nach und nach enthüllt wird, strahlt ihre Ira Wolfens dennoch eine enorme Lebenslust und Energie aus. Hat die Schauspielerin Katja Riemann selbst ihr diese mitgegeben? "Ich glaube, das haben wir gemeinsam beim Drehen entwickelt", sagt sie und lacht. "Diese Person hat trotz aller Schwierigkeiten ja wirklich Humor und auch eine große Sinnlichkeit, und man fragt sich zunächst, wie geht das zusammen. Aber so sind Menschen."

Das Voyeur-Gefühl


Die gebürtige Norddeutsche schätzt den filmischen Ansatz von Stefan Krohmer sehr. "Mich hat es stark interessiert, mit ihm zu arbeiten und mich auch mit der sehr speziellen, naturalistischen Spielweise auseinanderzusetzen, die er bevorzugt." Sie habe manchmal bei seinen Filmen das Gefühl, man werde zum Voyeur, wenn man den Figuren zuschaue. "Alles, was zu sehr ins Gefühl geht, versucht er zu vermeiden, das finde ich großartig. Er vertraut auch Worten, er gibt Informationen über einen Zustand, aber deshalb muss man ihn nicht permanent illustrieren als Schauspieler. Ich würde gerne auf dem Fundament, das wir da jetzt gelegt haben, weiter aufbauen."

Ob sie am Ende von "Die fremde Familie" auch das Gefühl gehabt habe, jetzt fange eigentlich die Geschichte richtig an? "Mir ging das vor allem beim Anschauen so", sagt Katja Riemann. "Man entlässt die Leute mit diesem Status quo, aber man würde jetzt gerne gucken, funktioniert's eigentlich? Ich hab schon gesagt, wir müssen 'nen zweiten Teil drehen. Die Leute interessieren einen, finde ich. Und man möchte am Schluss auch, dass es denen gutgeht."

Mittwoch, 12. Januar, 20.15 Uhr, ARD