Katja Riemann spielt im ARD-Film "Die fremde Familie" eine Frau, die daheim ihren Vater versorgen muss.

Berlin - Das Glatte, Vordergründige ist nicht ihr Terrain. Seit der Regisseur Stefan Krohmer und der Drehbuchautor Daniel Nocke während der Studienzeit an der Ludwigsburger Filmakademie zusammengefunden haben, erkunden sie gemeinsam, wo es auf den Feldern des menschlichen Zusammenlebens anfängt, richtig wehzutun, wo tiefen familiären Konflikten nicht mehr auszuweichen ist, selbst wenn ihre oft wohlstandsverwöhnten Protagonisten das gerne möchten.

Das war in "Ende der Saison" so und in "Familienkreise", beide Filme wurden mit dem Grimmepreis in Gold ausgezeichnet und erzählen von Abstand und Nähe, verfehlter Liebe und ja, auch peinigendem Hass zwischen den Generationen. Kein Wunder also, dass man dem inzwischen längst selbst mit Kindern und Frauen lebendem Erfolgsduo zugetraut hat, sich in dem Fernsehfilm "Die fremde Familie" des schwierigen Themas der alternden Eltern und des Pflegenotstands anzunehmen - einer Problematik, mit der sich die in den sechziger Jahren Geborenen immer häufiger beschäftigen müssen und die in Patchworkfamilien nicht gerade leichter ausfällt.

Nochmal ein neues Leben anfangen


"Was ich erschütternd finde, ist, dass sich da jetzt doch eine Generation verabschiedet. Für mich war das vor vielen Jahren virulent, meine Mutter ist viel zu jung gestorben. Und im Moment, ja, da gibt es schon öfter Gespräche mit Freunden, deren Eltern krank sind und Hilfe brauchen. Wenn man sich auf so einen Film vorbereitet, hat man ja sowieso eine selektive Wahrnehmung", sagt Katja Riemann, die in dem durchaus lebensnahen Film sehr kühl und vital die weibliche Hauptrolle der Ira Wolfens spielt. Das ist eine verheiratete Frau Mitte vierzig, die eigentlich mit ihrem Mann Marquard noch einmal ein neues Leben anfangen möchte, als der gemeinsame Sohn zum Studium nach Amerika zieht.

Aber so, wie sie ihr Leben bisher gestalten konnte - Marquard hat Tobias großenteils aufgezogen, weil Ira als Dolmetscherin viel unterwegs war -, kann sie nicht weitermachen. Denn da ist Robert Stamm, ihr Vater, der sie und ihre Mutter verlassen hatte, als Ira ein Teenager war. Er wird durch einen Sturz endgültig zum Pflegefall, und nun erzwingt sie, dass er nicht in ein Pflegeheim kommt - ein ansprechendes wäre für die Wolfens viel zu teuer -, sondern dass sie ihn in ihrer Vierzimmerwohnung aufnehmen kann, gemeinsam mit der jungen Rumänin Elisaveta, die sie übers Internet als illegale Pflegekraft anheuert. Als noch Iras leichtlebiger Halbbruder Bernd aus der zweiten Ehe Roberts zu dem Quartett stößt, ist die Tragödie programmiert. Denn eigentlich geht es hier um viel mehr als um die Frage der Verantwortung für den hinfälligen Vater.