Der Nahverkehr steht bei den Stuttgartern hoch im Kurs. Im Berufsverkehr sind die Stadtbahnen und die Linienbusse der Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) voll. Drei von vier Fahrgästen sind Stammkunden mit VVS-Monats- oder Jahreskarte. Doch der Erfolg des städtischen Nahverkehrsunternehmens stößt an Grenzen. Es fehlt an allen Ecken und Enden Geld für den Erhalt des bestehenden Schienennetzes sowie für neue Stadtbahnen und Linienbusse.

 

„Im schlimmsten Fall steigt die Verschuldung der SSB bis 2030 auf 900 Millionen Euro“, sagt der Personalvorstand Reinhold Bauer. Man benötige in den nächsten Jahren von Bund, Land und Stadt deutlich mehr Geld, um die erreichten Standards im Nahverkehr zu halten und die in die Jahre gekommene Infrastruktur zu sanieren.

Aus Sicht des SSB-Vorstands reicht spätestens von 2019 an der auf 25 Millionen Euro im Jahr gedeckelte städtische Zuschuss nicht mehr aus. „Dann benötigen wird jährlich 30 bis 35 Millionen Euro“, sagt der Arbeitsdirektor. Und 2030 könne die Deckungslücke zwischen Einnahmen und Ausgaben bei 45 bis 75 Millionen Euro im Jahr liegen, so Bauer. „Daher brauchen wir jedes Jahr Fahrpreiserhöhungen, die über der Inflationsrate liegen.“

Den Nutzern drohen auch deshalb höhere Fahrpreise, weil noch völlig offen ist, ob der Nahverkehr von 2020 an überhaupt noch Zuschüsse von Bund und Ländern erhält. Denn Ende 2019 läuft mit dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) die bestehende Förderstruktur aus. „Damit können wir die Verlängerung der Stadtbahnlinien zum Flughafen (U 6) sowie nach Dürrlewang und Remseck (U 12) noch zu 75 Prozent finanzieren“, so Bauer. Was danach kommt, sei ungewiss. Doch mit höheren Zuschüssen sei in Zukunft wohl nicht zu rechnen.

„Dabei geht es längst nicht mehr nur um den Ausbau, sondern auch um Ersatzinvestitionen“, betont der SSB-Vorstand. „Wir mussten 40 neue Stadtbahnen für 160 Millionen Euro vollständig selbst finanzieren. Vor etlichen Jahren hat es dafür vom Land noch einen Zuschuss von 50 Prozent pro Bahn gegeben“, betont Bauer. Die Jahr für Jahr benötigten 30 neuen Linienbusse muss das Nahverkehrsunternehmen ebenfalls fast vollständig selbst zahlen. Nur für sechs Busse im Jahr gebe es noch eine minimale Förderung von zehn Prozent.

Den Nutzern drohen auch deshalb höhere Fahrpreise, weil noch völlig offen ist, ob der Nahverkehr von 2020 an überhaupt noch Zuschüsse von Bund und Ländern erhält. Denn Ende 2019 läuft mit dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) die bestehende Förderstruktur aus. „Damit können wir die Verlängerung der Stadtbahnlinien zum Flughafen (U 6) sowie nach Dürrlewang und Remseck (U 12) noch zu 75 Prozent finanzieren“, so Bauer. Was danach kommt, sei ungewiss. Doch mit höheren Zuschüssen sei in Zukunft wohl nicht zu rechnen.

„Dabei geht es längst nicht mehr nur um den Ausbau, sondern auch um Ersatzinvestitionen“, betont der SSB-Vorstand. „Wir mussten 40 neue Stadtbahnen für 160 Millionen Euro vollständig selbst finanzieren. Vor etlichen Jahren hat es dafür vom Land noch einen Zuschuss von 50 Prozent pro Bahn gegeben“, betont Bauer. Die Jahr für Jahr benötigten 30 neuen Linienbusse muss das Nahverkehrsunternehmen ebenfalls fast vollständig selbst zahlen. Nur für sechs Busse im Jahr gebe es noch eine minimale Förderung von zehn Prozent.

Das Finanzierungsmodell

Das Defizit der SSB, also der Betrag, der nicht durch Fahrscheineinnahmen gedeckt ist, wird durch die städtische Tochterfirma SVV (Stuttgarter Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft) ausgeglichen. 2013 flossen deshalb 18,5 Millionen Euro. Die SVV hat mit den SSB, aber auch mit den Stadtwerken, der Hafengesellschaft sowie der Telekommunikationsfirma Netcom Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträge abgeschlossen. Der Hafen machte 5,2 Millionen Euro Gewinn, die Stadtwerke erhielten 2013 dagegen 4,2 Millionen Euro. Aus dem Vermögen der SVV, das aus dem Verkauf von Energieanteilen im Jahr 2002 resultiert, wurden auch Windanlagen gekauft. Das Vermögen ist in Fonds angelegt, die derzeit aber kaum mehr als ein Prozent Rendite abwerfen. Das erschwert die Unterstützung der defizitären Töchter.

Die Lage beim städtischen Klinikum

Wenn selbst der wohl stets am besten über die Finanzlage der Stadt informierte Finanzbürgermeister Michael Föll (CDU) einräumt, „aus allen Wolken“ gefallen zu sein, muss das für die Verwalter des städtischen Klinikumdefizits ein deutliches Alarmzeichen sein. Wie berichtet wurden die Pläne für einen rund 100 Millionen Euro teuren Neubau an der Kriegsbergstraße gestoppt, weil sich bei der Neuordnung des gesamten Klinikums wegen Baupreissteigerungen und Abweichungen von der Planung eine Erhöhung von 800 Millionen auf bis zu 1,3 Milliarden Euro abzeichnet. Mindestens so schlimm ist die Aussicht, dass das Klinikum immer größere Geldspritzen aus dem laufenden Etat der Stadt benötigen könnte. War vor einigen Jahren noch eine schwarze Null beim Betrieb vereinbart worden, beläuft sich das Defizit derzeit wohl auf 24 Millionen Euro. Für die Zukunft ist auch eine Zahl von 50 Millionen Euro pro Jahr genannt worden. Krankenhausbürgermeister Werner Wölfle (Grüne) hat bereits angekündigt, es gebe „keine Tabus“ mehr. Sanierungen statt Neubauten werden diskutiert. Auch wird wohl mit dem Personalrat über einen Beitrag der Belegschaft diskutiert werden. Klinikumsdirektor Ralf-Michael Schmitz, der best bezahlte Angestellte der Stadt, hat den Ärger der Stadträte bereits zu spüren bekommen: In nichtöffentlicher Sitzung hat man die Bemessung seiner erfolgsabhängigen Vergütung angepasst. Es sei „ein Unding, dass er allein zehn Prozent seiner Provision dafür erhalten sollte, wenn er bis Mai einen Jahresabschluss vorlegt. Das ist doch eine Selbstverständlichkeit“, echauffiert sich ein Sitzungsteilnehmer.

Weiterer Investitionsbedarf

Der Stadt würde die Zahlung deutlicher höherer Zuschüsse an Klinikum und SSB auch deshalb schwer fallen, weil sie das Geld für ihren eigenen Betrieb dringend braucht. So signalisiert nach Meinung von Bürgermeister Föll die mittelfristige Finanzplanung ab 2016, dass die massiven Anstrengungen zum weiteren Ausbau der Infrastruktur – neben Verkehr und Wohnungsbau auch Kultur, Kitabetreuung sowie Sanierung und Neubau von Schulen – die Stadt „an die Grenzen ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit führen“. So fehlen für dringende Sanierungen von Straßen, Tunnel und Brücken Jahr für Jahr zweistellige Millionenbeträge, um die Substanz zu erhalten. Nach Angaben des Tiefbauamtes betrug der Wert des städtischen Verkehrsnetzes Ende 2013 noch 1,46 Milliarden Euro, ein Jahr später waren es 60 Millionen Euro weniger.

Seit 2010 fehlten bis zu 40 Millionen Euro, um den fortschreitenden Verfall – etwa am Österreichischen Platz, bei der Rosensteinbrücke in Bad Cannstatt und beim Schwanenplatztunnel im Osten – aufhalten zu können. „Die Situation ist ernst“, sagt Wolfgang Schanz, der Leiter des Tiefbauamts. „Um die Substanz der gesamten Verkehrsinfrastruktur zu erhalten, brauchen wir aber dauerhaft jedes Jahr zehn Millionen Euro mehr.“ Wie geht es weiter? Im Juli beginnen die Etatberatungen für 2016/2017. OB Kuhn und Kämmerer Föll werden versuchen, wichtige Projekte wie die Sanierung der Wagenhallen in ihrem Haushaltsentwurf unterzubringen. In Anbetracht hoher Ermächtigungsübertragungen (das sind bereits finanzierte, aber noch nicht umgesetzte Projekte), gestiegener Personalkosten und des hohen Sanierungsaufwandes wird das Duo dem Gemeinderat nur einen geringen Spielraum bieten. Für 2016 hat Föll ein Defizit von 45,1 Millionen Euro und für 2017 von 74,6 Millionen Euro avisiert. Diese Zahl ist bereits Makulatur, weil sie Zinsen für einen Kreditrahmen von 151 Millionen Euro enthält, der bis Jahresende nicht in Anspruch genommen wird. Mit Spannung wird die Steuerschätzung im Mai erwartet. Während der Kämmerer mit geringeren Einnahmen aus der Gewerbesteuer rechnet, wird es wohl höhere Zuweisungen von Bund und Land geben.