Nach den Krisenjahren 2009 und 2010 haben die Städte und Gemeinden im Südwesten wieder mächtig aufgeholt. Bundesweit stehen sie gut da, sagt Gemeindetagspräsident Roger Kehle. Nun sei die Zeit reif für Investitionen.

Stuttgart - Den Kommunen geht es nach den Krisenjahren 2009 und 2010 wieder blendend. Dieses Fazit ergibt sich aus dem Finanzbericht 2012, den der Präsident des Gemeindetags, Roger Kehle, am Montag vorgestellt hat. Kehle formulierte zwar vorsichtig und sprach von einer „ordentlichen Finanzlage“. Dies entsprach aber nur dem in kommunalen Kreisen üblichen Understatement bei der Verbreitung von guten Nachrichten über die eigenen Kassenverhältnisse.

 

Immerhin fast 2,2 Milliarden Euro betrug der Finanzierungssaldo der baden-württembergischen Kommunen 2012. Im Vorjahr waren es fast 1,7 Milliarden Euro gewesen. Es sei gelungen, die Finanzierungslücken der zurückliegenden Krisenjahren zu kompensieren, sagte Kehle. Wobei er mit Rücksicht auf strukturschwache Gemeinden hinzufügte, dass die Unterschiede mitunter groß seien. So mussten 69 Kommunen die Grundsteuer B erhöhen – ein Hinweis auf deren angespannte Finanzlage und vor allem auf fehlende Gewerbesteuereinnahmen. Im Ganzen aber stünden die Städte und Gemeinden im Südwesten im Vergleich mit den anderen Bundesländern am Besten da, sagte Kehle.

Dies dürfe freilich nicht dazu führen, dass sich das Land bei den Kommunen bediene, um bis zum Jahr 2020 die Schuldenbremse einzuhalten. „Wir verteidigen mit Zähnen und Klauen, was wir haben“, kündigte Kehle an. Schließlich beruhe der hohe positive Finanzierungssaldo nicht nur auf sprudelnden Steuerquellen, sondern auch auf der Investitionsschwäche der zurückliegenden Jahre. „Wir haben auf Kosten der Zukunft gespart, das muss der Vergangenheit angehören.“ Den Investitionsbedarf allein für die kommunalen Straßen bezifferte Kehle auf fünf Milliarden Euro. Bei den Schulgebäuden betrage er drei Milliarden Euro. Dazu kämen Milliardenbeträge für die Verwaltung, für Sportstätten und Bäder sowie für die Energiewende.

Schlaglöcher stopfen, Schulen sanieren

Mühelos errechnet der Gemeindetag einen Investitionsbedarf von 20 Milliarden Euro. Die Botschaft ist klar: Die Kommunen benötigen ihr Geld für den eigenen Bedarf. „Die Schlaglöcher werden nicht kleiner, wenn wir sie ignorieren“, sagte Kehle. Bis 2016 dürfen sich die Kommunen gegenüber den Begehrlichkeiten des Landes aber auf der sicheren Seite fühlen. Denn bis dahin läuft der mit Grün-Rot vereinbarte Finanzpakt, der den Vorwegabzug aus dem kommunalen Finanzausgleich von etwa 400 Millionen Euro aus den Zeiten der CDU-FDP-Regierung auf 315 Millionen Euro abschmilzt. Kehle wies darauf hin, dass die Kommunen der größte Investor im Land seien: „Wenn man dem Motor den Treibstoff entnimmt, dann läuft er nicht mehr.“ Einen Erfolg konnten die Kommunen auch mit dem bereits 2011 vereinbarten „Pakt für Familien mit Kindern“ erzielen, mit dem das Land einen 68-Prozent-Anteil an den Betriebskosten für die Kleinkindbetreuung übernahm.

Was die Schuldenbremse betrifft, so geht Kehle davon aus, dass die Politik nicht von dem verfassungsrechtlich fixierten Ziel abgehen wird. „Es ist aber nicht klar, wie sie eingehalten werden kann.“ Viele Länder täten sich schwer. Die Kämmereischulden der baden-württembergischen Kommunen beliefen sich 2012 auf 6,4 Milliarden Euro, der Schuldenstand der Eigenbetriebe betrug 7,6 Milliarden Euro. Beides zusammengenommen entfallen auf jeden Einwohner des Landes 1294 Euro.