Die First Guggen Band Stuttgart gibt nicht nur an Fasching den Ton an. Im vergangenen Jahr hatten hatte der Feuerbacher Verein über 80 Auftritte.

Feuerbach - Ein schmaler Gang und zwei dicke Türen trennen die Keglerklause von dem Probenraum des Bowling- und Kegelzentrums im Wilhelm-Braun-Sportpark. Hinter dieser Schall-Schleuse trainiert regelmäßig die First Guggen Band Stuttgart. „Jetzt wird’s laut“, sagt Stefan Furtner. Der Präsident der Guggenmusiker lacht und öffnet die Tür zu dem Hinterzimmer. Drinnen stehen 20 Vereinsmitglieder im Kreis und spielen sich warm. Die Saxofone, Posaunen, Trompeten, Pauken und Schlagzeuge auf Rädern werden auf Betriebstemperatur gebracht – bis die Lippen glühen und die Trommelfelle vibrieren. „Das Sousafon fehlt“, sagt Furtner mit leichtem Bedauern in der Stimme. Der Mann, der das tubaähnliche und mehrere Kilogramm schwere Blasinstrument mit dem großen Trichter vor allem bei den Faschingsumzügen kilometerweit schleppt und gleichzeitig zum Erklingen bringt, hat heute Spätschicht bei Daimler.

 

Marusha heißt die quicklebendige 16-Jährige, die bei der Probe den Takt und Ton angibt. Sie wuchtet ihr fahrbares Schlagzeug in die Mitte des Musikerkreises: „Eins, zwei, eins, zwei, drei, vier“, zählt sie laut vor und schlägt dabei ihre Trommelstöcke aneinander. Sie ist die jüngste Tochter des Präsidenten. Der Name Furtner begegnet einem bei den Figubas, wie die Guggenmusiker sich kurz und knapp nennen, auf Schritt und Tritt. Außer Stefan Furtner (Saxofon) und seiner Frau Sabine (Trompete) sind auch die Töchter Anna (Saxofon), Wiepke (Schlagzeug) und Marusha (Schlagzeug) im Verein vertreten. Auch der Schwiegersohn ist mit seiner Posaune als vierter Bläser dabei. „Wir wären auch als Familienband spielfähig.“ Die Musik der quietschfidelen Gute-Laune-Truppe kommt auch außerhalb der fünften Jahreszeit gut an. „2011 hatten wir über 80 Auftritte“, sagt Furtner. Der Tourkalender beginnt meist im Januar und endet wie im vergangenen Jahr am letzten Tag des Jahres: „Da haben wir beim Silvesterlauf gespielt. Das Wetter war ekelhaft“, erinnert sich der Präsident.

Doch weder Minusgrade noch Regen können die Figubas vor dem abhalten, was sie am liebsten tun. An Fasching kann so ein Einsatztag gut zwölf Stunden dauern. Bei stundenlangem Spiel in der Kälte riskieren die Bläser rund um ihren Bandleader Frank Liebert schon mal eine dicke Lippe. Er ist mit 70 Jahren der Senior und gibt dieses Jahr seine Abschiedstournee.

Die meisten spielen die einstudierten Stücke auswendig. Nur einer der Posaunisten hat sich mit einem Klebeband sein Smart-Phone am Instrument befestigt und liest dort die Noten ab. Die Lieder der Guggenmusik basieren meist auf bekannten Melodien – aber sie klingen leicht schräg. Der typische Sound komme ursprünglich aus der Schweiz und werde dort auch Katzenmusik genannt, berichtet Furtner. Der Mann mit dem gezwirbelten Schnäuzer und Kinnbart ist hauptberuflich Zahnrad- und Stadtbahnfahrer. Zu seinem 40. Geburtstag bekam er ein Saxofon geschenkt. Es war Liebe auf den ersten Ton. „Ich persönlich spiele nur über das Gehör.“ Einer der Figubas baute sich auch mal ein eigenes Instrument, spannte Felle auf Ölfässer und befestigte Ketten daran. „Das klang sagenhaft“, sagt Furtner. Ein anderer bastelte Rollstuhlräder an sein fahrbares Schlagzeug. Für einen guten Spaß sind Guggenmusiker immer zu haben. Nach China wurden sie mehrfach eingeladen. Eine eigene CD haben sie auch schon herausgebracht – mit Weihnachtsliedern. „No Gods, no masters“ steht auf dem T-Shirt des Posaunisten. Keine Frage, er spielt meisterhaft, auch ohne Gott und Meister.