Auf den Fildern wächst eine gesundheitsschädliche Pflanze. Jetzt beginnt ein neuer Ausrottungsversuch.

Filder - Schutzkleidung ist Pflicht, wenn Renate Kübler ihrem grünen Feind entgegen tritt. Jedes Jahr ist Kübler vom Amt für Umwelt- und Naturschutz mit Gartenscheren bewaffnet auf der Filderebene unterwegs, um einer besonders hartnäckigen Pflanze den Garaus zu machen. Unbedeutend und harmlos sieht es aus, das bis zu drei Meter hohe Gewächs mit den leicht behaarten, dicken Stängeln und eingefurchten Blättern. Doch die Pflanze ist nicht harmlos, sondern schädlich.

 

Verbreitung auf den Fildern

Riesen-Bärenklau, auch Herkules-Staude oder Herkules-Kraut genannt, wächst im Ramsbachtal in Degerloch, am Sindelbach in Vaihingen und auf der Vaihinger Bernhartshöhe nahe des Autobahnkreuzes. Auch zwischen den Bäumen im Kaltental am Ende der Schwarzwaldstraße hat die Pflanze Wurzeln geschlagen. Das Amt für Umwelt- und Naturschutz und das Forstamt beobachten diese Gebiete. Denn die weißen Blüten und grünen Blätter sehen zwar schön aus, doch berühren oder gar pflücken sollte man sie nicht.

Schon ein kurzer Kontakt mit Riesen-Bärenklau reicht, um gesundheitliche Probleme zu bekommen. Schuld daran sind Furanocumarine, die in der ganzen Pflanze und insbesondere im Pflanzensaft enthalten sind (siehe Hintergrundkasten). Dieser Stoff ist fototoxisch; das heißt, er reagiert mit Sonnenlicht und verursacht nach Angaben des Bundesministeriums für Naturschutz ein bis zwei Tage nach dem Kontakt schwere Hautreizungen. Zuerst juckt und brennt die Haut, dann entzündet sie sich. Dabei bilden sich Blasen wie nach einer Verbrennung, die narbenähnliche und stärker pigmentierte Stellen zurücklassen.

Ausrottung ist schwierig

Renate Kübler vom Amt für Naturschutz hat bereits Spritzer des Pflanzensafts abbekommen. „Dramatisch ist das nicht, es brennt nur ein wenig“, erzählt sie. Der langfristige Schaden bleibt, Kübler hat an den betroffenen Stellen nun Pigmentverfärbungen, also dauerhaft braune Flecken. Ihre Haut verdeckt sie daher mit Schutzkleidung, wenn sie der Pflanze in ihrer Blütezeit im Juli auf den Leib rückt. Seit 1989 beschäftigt sich Kübler mit der Frage, wie man das Doldengewächs am besten ausrotten kann. Riesen-Bärenklau ist eine Pflanze, die sinnbildlich und wortwörtlich Wurzeln schlägt. Schneidet man sie ab oder reißt sie heraus, treiben die verbleibenden Wurzeln erneut aus. Lässt man sie unbeobachtet wachsen, bildet sie nach zwei bis drei Jahren weiße Blütendolden und verstreut rund 20 000 Samen in ihre Umgebung. Das Gewächs breitet sich also schnell aus.

Kübler hat eine neue Methode entwickelt, um der Plage Herr zu werden. Erst wenn die Pflanze Anfang bis Mitte Juli allmählich Samen ansetzt, darf die Blüte abgeschnitten werden. Dann verblüht der Riesen-Bärenklau dauerhaft und stirbt ab. „Die Kunst ist, den richtigen Moment abzupassen“, sagt Kübler. „Aber bis alles weg ist, braucht man einen langen Atem.“ Hartnäckig hält sich das Gewächs auf der Vaihinger Bernhartshöhe. Dort habe man nach den Worten von Kübler die Pflanzen zuerst nicht richtig behandelt. Sie säten aus. Die Samen können mehrere Jahre im Boden überleben. Daher müssen selbst ausgerottete Standorte längere Zeit beobachtet werden.

Vorsicht reicht aus

Der Riesen-Bärenklau wächst so gut wie überall, auf einer Verkehrsinsel kann er ebenso Wurzeln schlagen wie im Wald. Auch in anderen Gebieten in der Region wächst Riesen-Bärenklau, zum Beispiel hat eine Passantin in Fellbach in der Nähe des Bahnhofs die markanten Blätter gesichtet. Mit chemischen Mitteln möchte Hagen Dilling vom Garten- Friedhofs- und Forstamt nicht gegen das Gewächs vorgehen: „Wir möchten die Giftstoffe im Boden minimieren.“ Auf öffentlichen Grünanlagen entfernt sein Amt die Pflanze nach Küblers Methode.

Angst vor der Pflanze brauche man als Spaziergänger nicht zu haben, beschwichtigt Dilling. Schließlich seien die Wachstumsorte bekannt und unter Beobachtung: „Gesunde Vorsicht bei großen Pflanzen mit gezackten Blättern reicht völlig aus.“ Eine leichte Verbrennung sei außerdem nur etwas schmerzhafter als die Berührung einer Brennnessel. Allerdings sollten Eltern ihre Kinder vor dem Riesen-Bärenklau warnen, wenn sie im Wald oder an Bächen spielen. Die hohlen Stängel könnten sie als Blasrohre benutzen und sich dabei erhebliche Mengen des Safts ins Gesicht schmieren.

Wer einen Riesen-Bärenklau entdeckt, sollte idealerweise ein Foto machen und seine Sichtung dem Amt für Umweltschutz mitteilen. Dieses ist per Mail erreichbar unter umweltberatung@stuttgart.de oder der Telefonnummer 216 886 00. Tipps und Hinweise können aufmerksame Spaziergänger auch über die gelben Karten auf der Stuttgarter Webseite geben. Riesen-Bärenklau im eigenen Garten können Fachleute entfernen. Wenn die Pflanze die Haut berührt hat, hilft es, die Stelle mit Wasser abzuspülen und vor Sonnenlicht zu schützen. Schwere Verbrennungssymptome sollte allerdings ein Arzt behandeln.

Hintergrundinformation

Herkunft

Die Pflanze stammt ursprünglich aus dem Kaukasus, deshalb auch die Bezeichnung Kaukasischer Bärenklau, ist mittlerweile aber in ganz Mitteleuropa und Teilen Nordamerikas verbreitet. In diesen Ländern zählt sie zu den Neophyten. Wegen seiner guten Aussamung wird der Riesen-Bärenklau schnell zur Plage und bildet in kürzester Zeit große Bestände, die sich nur sehr schwer entfernen lassen.

Inhaltsstoffe

Der Riesen-Bärenklau enthält fotosensibilisierende Substanzen, ätherische und fette Öle. Zu den giftigen Komponenten zählen unter anderem die Furocumarine Xanthotoxin, Psoralen, Bergapten. Sie sind in allen Pflanzenbestandteilen enthalten und können nach Hautkontakt bei anschließender Bestrahlung durch Sonnenlicht fototoxische Reaktionen hervorrufen.

Auswirkungen

Hautentzündungen, Reizungen und in schlimmen Fällen eine Dermatitis mit entzündlichen und schmerzhaften Blasenbildungen können Folgen von Kontakten mit dem Riesen-Bärenklau sein. Außerdem sind großflächige Verbrennungen ersten bis zweiten Grades möglich, sowie Schweißausbrüche, Fieber, eine akute Bronchitis oder Kreislaufschocks.