Ein 31-jähriger Flüchtling aus Gambia darf das Jobangebot einer Backnanger Firma nicht annehmen, weil er mehr Geld verdienen müsste – einen Euro mehr als der gesetzliche Mindestlohn.

Rems-Murr : Frank Rodenhausen (fro)

Backnang - Seit fast zwei Jahren lebt Mamour Touray in Deutschland. Nach einer Odyssee mit mehrmonatigen Zwischenstopps in Libyen und Italien ist der 31-Jährige Gambier dort angekommen, wo er sich, wie er sagt, aus eigener Kraft und mit Fleiß eine Zukunft aufbauen will. Er hat zwei Deutschkurse erfolgreich abgeschlossen, kann sich noch nicht perfekt, aber gut verständigen und möchte jetzt nur eines: arbeiten und sein eigenes Geld verdienen. Er hat auch ein Jobangebot, das er gerne annehmen würde. Doch er darf nicht – weil die Bundesagentur für Arbeit möchte, dass er mehr Geld verdient. Es geht um eine Differenz von 60 Cent pro Stunde und einen Stundensatz, der um einen Euro über dem gesetzlichen Mindestlohn läge.

 

Schweißen und verpacken für 8,90 Euro die Stunde

Für Mamour Touray war es wie ein Geschenk des Himmels, eigentlich aber das Ergebnis seiner eigenen hartnäckigen Bemühungen: Anfang April, nachdem Touray einen Lebenslauf geschrieben und damit gemeinsam mit einem Freund Klinken bei örtlichen Unternehmen geputzt hatte, machte ihm die Backnanger Firma SMA Metalltechnik ein Jobangebot. Für 8,90 Euro die Stunde sollte er in den Bereichen Schweißen und Verpackung tätig werden. 37,5 Stunden pro Woche mit einer sechsmonatigen Probezeit und zunächst befristet auf ein Jahr. Touray sah sich seinem Traum, aus der Gemeinschaftsunterkunft in der Hohenheimer Straße ausziehen und eine eigene Wohnung anmieten zu können, ganz nahe gekommen.

Doch dieser Traum ist vorerst geplatzt. Ordnungsgemäß hatte ihm die Firma einen ausgefüllten „Antrag auf Genehmigung einer Beschäftigung für Ausländer“ zur Einreichung bei der zuständigen Behörde mitgegeben. Doch diesem wurde nicht stattgegeben: Die Genehmigung könne nur erteilt werden, wenn die Firma bereit sei, 9,50 Euro pro Stunde zu bezahlen, übersetzte eine Sozialarbeiterin in Tourays Unterkunft die Ablehnung.

Arbeitsmarkt- und integrationspolitisch verantwortbar?

Die Ausländerbehörde der Stadt Backnang versucht, den Sachverhalt auf Anfrage unserer Zeitung zu erläutern: Da sich Herr Touray mehr als 15 Monate gestattet im Bundesgebiet aufhalte, könne ihm laut Paragraf 32, Absatz 5, Nummer 2 der Beschäftigungsverordnung (BeschV) eine Zustimmung zur Ausübung einer Beschäftigung erteilt werden. Allerdings sei in diesem Zusammenhang gemäß Paragraf 39, Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) sicherzustellen, dass „die Besetzung der offenen Stellen mit ausländischen Bewerbern arbeitsmarkt- und integrationspolitisch verantwortbar ist und der Ausländer nicht zu ungünstigeren Arbeitsbedingungen als vergleichbare deutsche Arbeitnehmer beschäftigt wird“. Eine entsprechende Prüfung nehme freilich nicht die Ausländerbehörde vor, sondern eine Abteilung der Arbeitsagentur mit zentralem Sitz in Duisburg. Diese habe im Fall von Herrn Touray entschieden, dass der ihm angebotene Lohn eben nicht den ortsüblichen oder tariflichen Bedingungen in Höhe von mindestens 9,50 Euro für vergleichbare inländische Arbeitnehmer entspreche.