Unfreiwillig getrennt: Der in Syrien aufgewachsene Palästinenser Mohanad Zeidan hat als anerkannter Flüchtling in Stuttgart eine Wohnung gefunden. Er hofft darauf, dass bald auch seine in Heidelberg in einer Lea lebende Ehefrau mit den Kindern einzieht.

Familie/Bildung/Soziales: Viola Volland (vv)

Stuttgart - Mohanad Zeidan hat alles vorbereitet: Im Kinderzimmer stehen gebrauchte Spielsachen im Regal, ein alter Roller lehnt an der Wand. Im Sozialkaufhaus hat er ein Ecksofa fürs Wohnzimmer erstanden. Er weiß, dass er ein Riesenglück hat, zum 1. Oktober 2015 diese Wohnung in einem Außenbezirk in Stuttgart gefunden zu haben: Sie hat drei Zimmer, ist damit groß genug für ihn, seine Frau Rana, die beiden Söhne Mohammad und Agyad sowie Tochter Layan. Doch die vier sind noch in der Landeserstaufnahmestelle in Heidelberg. Seit dreieinhalb Monaten warten sie auf die Verlegung.

 

Die Wohnung wird vom Jobcenter finanziert

Monika Heilmann, die sich ehrenamtlich für Flüchtlinge engagiert und seit November versucht, etwas für die Familie zu erreichen, versteht nicht, warum es so lange dauern muss, bis diese wieder vereint sein kann. Schließlich seien Frau und Kinder inzwischen registriert und dem Regierungspräsidium Karlsruhe sei bekannt, dass der Vater eine Wohnung hat, was „ein Segen“ sei. Die Wohnung wird vom Jobcenter finanziert und das nur deshalb in dieser Größe, weil die Familienzusammenführung ansteht. Der Staat zahle also doppelt für die Unterbringung der Familie, sagt Monika Heilmann. Ihr geht es nahe, wie sehr der Vater unter der Trennung leidet.

„Es ist so leise in der Wohnung – ohne meine Kinder“, sagt der in Syrien geborene und aufgewachsene Palästinenser. „Ich fühle mich ohne meine Familie wie gelähmt, einfach nicht komplett“, meint er.

Das Haus stand in der Nähe des Militärflughafens

Zeidan hatte in Aleppo ein Restaurant mit mehreren Angestellten. Das Haus der Familie stand in der Nähe des Militärflughafens – „wir lebten dort in großer Angst“, sagt der 41-Jährige. Im November 2014 machte er sich als erster auf den Weg aus der Heimat. Von der Türkei aus nahm er ein Schiff nach Italien, elf Tage dauerte die Überfahrt. Ernährt habe er sich nur von Snickers und Wasser. Erdnussriegel kriegt er seither nicht mehr runter.

Seit Ende Juni 2015 ist er anerkannt als Flüchtling. Rund vier Monate später hat Bundesinnenminister Thomas de Maizière Anfang November vorgeschlagen, Familiennachzug für Syrer zu verbieten. Da war seine Familie schon da, illegal eingereist, wie es die meisten tun. Denn faktisch ist es schon jetzt kaum möglich für Familien, legal einzureisen. Dafür müssten sie in einer deutschen Botschaft ein Visum erhalten. Doch die Wartezeiten sollen sehr lang sein, wenn überhaupt Termine vergeben werden. Rana habe zwar am 19. Februar einen Termin in der Botschaft im Libanon gehabt, doch so lange habe sie nicht mehr warten können, berichtet Zeidan.

Die älteste Tochter floh mit einem Onkel aus Syrien

Zuerst kam die älteste Tochter Amneh nach, sie floh im Sommer mit einem Onkel, der nun in Holland ist. Amneh ist volljährig und lebt in einer Flüchtlingsunterkunft in Bad Liebenzell. Rana folgte mit den drei jüngeren Kindern im September – die vier gelangten über die Balkanroute nach Baden-Württemberg. Er weiß, dass es absurd klingt, aber es sei für ihn leichter gewesen, mit der Trennung umzugehen, als seine Familie noch in Syrien war. „Jetzt sind sie so nah – und doch nicht bei mir.“ Er sorgt sich um die Bildung seiner sechs, zwölf und 17 Jahre alten Kinder. In Syrien hätten sie wegen des Bürgerkriegs seit zwei Jahren nicht mehr in die Schule gehen können. Kinder in Erstaufnahmestellen bekommen ebenfalls keinen Schulunterricht. „Die Kinder brauchen dringend eine Struktur“, meint auch Monika Heilmann.

Am vorvergangenen Wochenende waren die vier zu Besuch. Die Kinder hätten beim Abschied nicht zurück gewollt in ihr Zimmer in der Patrick-Henry-Village. „Wenn sie mich am Telefon fragen, Papa, warum können wir nicht bei Dir bleiben, sage ich, in zwei Tagen kommt ihr“, sagt Zeidan. Doch das habe er schon zu oft gesagt, als dass sie es ihm noch glaubten.

Zunächst haben die Gesundheitszeugnisse gefehlt

Wobei sich eine Wende ankündigt. Laut einer Sprecherin des RP Karlsruhe ist die Familie in dieser Woche für die Verlegung in eine Flüchtlingsunterkunft in Stuttgart vorgesehen. Die Gesundheitszeugnisse, die für eine Verlegung erforderlich seien, fehlten zunächst, erklärt die Sprecherin, warum dies vorher nicht möglich gewesen sei. „Unser Interesse ist natürlich auch eine schnelle Verlegung“, sagt sie. Am 30. Dezember seien die Zeugnisse nochmals beim zuständigen Gesundheitsamt angefordert worden und auch eingetroffen. Gesundheitszeugnisse gehören zur Registrierung dazu; so werden alle Flüchtlinge geröntgt. Nach der Zuweisung nach Stuttgart sei es dann am Stadtkreis, den Umzug zum Vater frei zu geben, so die Sprecherin.

Erfahrungsgemäß dürfte das aber dann nicht mehr lange dauern. „Das ist ja Mal eine gute Nachricht“, meint denn auch Monika Heilmann erleichtert. Die Geduldsprobe geht zwar noch ein bisschen weiter, dürfte aber bald ein Ende haben.